Wrabetz oder Grasl: Entscheidung weiter offen

Wer wohl aufs Sieger-Foto nach der Wahl zwischen Wrabetz und Grasl kommt?
Grüner bei Grasls Direktionskonzept skeptisch. Für FPÖ-Vertreter fährt Wrabetz ORF "an die Wand". Haselsteiner abwartend.

"Nicht entscheidend" nennt der Grüne ORF-Stiftungsrat Wilfried Embacher das inoffizielle Oppositions-"Hearing", das Dienstag mit ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und Finanzdirektor Richard Grasl stattfand. Die beiden Bewerber für den Posten des ORF-Generaldirektors trafen sich mit Embacher, NEOS-Stiftungsrat Hans Peter Haselsteiner und Team Stronach-Stiftungsrat Günter Leitold.

Der Grüne Vertreter im obersten ORF-Gremium hält das Bewerbungspapier von Grasl aufgrund der Rolle des Herausforderers für "etwas engagierter", aber auch die Bewerbung von Wrabetz enthalte einige interessante Veränderungsansätze. "Die Frage ist, ob den schönen Worten in den Konzepten dann auch eine Umsetzung folgt", so Embacher.

"Und es geht um die Typus-Frage. Was immer man Wrabetz unterstellt, ein Drüberfahrer ist er nicht. Das kann auch ein Nachteil sein. Grasl hat den Reiz des Umsetzers und Machers." Deshalb nehme er dem Finanzdirektor aber auch die Rolle des "Koordinators" - so sieht Embacher den Generaldirektor in Grasls Konzept dargestellt - nicht ab.

"Bei Grasls Direktionskonzept bin ich etwas skeptisch. Kaufmännische Direktion und Technische Direktion völlig aufzulösen und den Kaufmännischen und Technischen Leiter in der Generaldirektion anzusiedeln - da spießt es sich in der Chance, mich zu überzeugen". Embacher befürchtet, dass in dieser Konstellation zu viel Macht beim Generaldirektor liegt. Und dass Grasl diese Macht nicht auch nutzen würde, kann sich Embacher nicht vorstellen. Eine endgültige Entscheidung habe er aber noch nicht getroffen, so der Grüne Stiftungsrat.

Haselsteiner analysiert

Neos-Stiftungsrat Haselsteiner lässt keine Präferenzen erkennen. "Die informellen Gespräche mit den beiden Bewerbern für die Position des Generaldirektors
waren umfang- und aufschlussreich und haben die Unterschiede in den beiden Konzepten deutlich gemacht. Diese Unterschiede werden zurzeit analysiert und evaluiert und werden eventuell wesentliche Entscheidungsgrundlagen für die Wahl erbringen. Mehr kann ich Ihnen dazu leider heute nicht sagen“, erklärte Haselsteiner gegenüber der APA.

Steger gegen Wrabetz

FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger, der wie alle FPÖ-Vertreter zuvor bisher für Wrabetz gestimmt hat, hält die Bewerbung von Grasl für "wesentlich ausführlicher und moderner", wie er Österreich sagte. "Bei Wrabetz ist es more of the same. Wenn er so weitermacht, fährt der ORF gegen die Wand." Das heiße laut Steger aber nicht, dass er Grasl wählen werde. "Ich werde Wrabetz einige Fragen stellen. Mir fehlt außerdem bei beiden noch jegliches Personalkonzept." Auf die Frage, ob er damit wissen wolle, was mit dem als FPÖ-Verbindungsmann geltenden Online-Chef Thomas Prantner passiert, meinte Steger: "Aber sicher nicht nur. Ich bin außerdem nicht der Schutzpatron des Herrn Prantner, der ist auch gar kein Blauer."

Zentralbetriebsratsobmann und Stiftungsrat Gerhard Moser will sich noch nicht in die Karten blicken lassen. "Ich hätte gerne, dass die fünf Belegschaftsvertreter im Stiftungsrat en bloc abstimmen", sagte Moser der APA. Dies sei gute Tradition im ORF. Der frühere bürgerliche Zentralbetriebsratsobmann Heinz Fiedler habe etwa einst für die SPÖ-Kandidaten Gerhard Zeiler und Wrabetz gestimmt. "Das demonstriert die Einigkeit der Mitarbeiter und sorgt für eine gute Basis in der Zusammenarbeit mit der künftigen Geschäftsführung." Die fünf Betriebsräte im ORF-Gremium bestehen aus zwei SPÖ-nahen Vertretern, zwei links stehenden Unabhängigen und einer bürgerlichen Unabhängigen.

GD-Wahl weiter offen

Wer am Ende das Duell um den Küniglberg gewinnt, will Moser nicht beurteilen. "Beide Kandidaten behaupten, eine klare Mehrheit zu haben, so dass ich mich langsam frage, ober wir nicht 35 Stiftungsräte haben, sondern 40 oder 45."

Eine endgültige Entscheidung hat auch der Kärntner Stiftungsrat Siggi Neuschitzer noch nicht getroffen. Kolportierte Kritik, wonach Neuschitzer den wählen werde, der gewinnt, wies der Stiftungsrat zurück. "Es geht mir um die Zukunft des ORF. Ich habe mich umfassend mit allen Bewerbungsunterlagen befasst, und ich werde nicht den wählen, der gewinnt, sondern den, der das beste Konzept zur Zukunftsstruktur, zur Machtstruktur und zum maximalen Pluralismus in der Information vorlegt", sagte Neuschitzer der APA.

Das Wahl-Prozedere

Hearing und Wahl des Generaldirektors finden kommenden Dienstag (9. August) statt. Die 35 Stiftungsräte wählen den neuen ORF-Chef in offener, nicht geheimer Abstimmung. 18 Stimmen sind für eine Mehrheit notwendig. Bei Stimmengleichstand entscheidet jene des Vorsitzenden, SPÖ-Vertreter Dietmar Hoscher. Die Mitglieder des Gremiums werden von Regierung, Parteien, Bundesländern, ORF-Publikumsrat und Betriebsrat beschickt und sind - abgesehen von wenigen Ausnahmen - in parteipolitischen "Freundeskreisen" organisiert. SPÖ und ÖVP können derzeit auf je 13 Vertreter zählen. FPÖ, Grüne, NEOS und Team Stronach haben je einen Stiftungsrat. Der von BZÖ/FPK bestellte und von der SPÖ-geführten Landesregierung verlängerte Kärntner Stiftungsrat sowie vier Unabhängige komplettieren das Gremium. Wegen der knappen Mehrheitsverhältnisse dürften die Stimmen der Oppositionsvertreter sowie der Unabhängigen den Ausschlag geben.

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