Wo Audrey Hepburn sicher nicht vorbeischaut

Ruth Brauer-Kvam als Holly Golightly und Christian Nickel als Fred
Kritik. Truman Capotes "Frühstück bei Tiffany".

Eine Warnung vorweg: Wer den berühmten Film mit Audrey Hepburn vor Augen hat und sich eine ähnlich elegant-heitere Umsetzung erwartet, wird enttäuscht sein. Denn die Neuproduktion von Truman Capotes "Frühstück bei Tiffany" in der Josefstadt-Dependance ist düster, traurig, existenziell und ganz nah bei Capotes Originalroman.

Diese Holly Golightly ist in der Bühnenfassung von Richard Greenberg und in der Inszenierung von Michael Gampe ein "wildes Geschöpf", in Wahrheit aber ein waidwundes, an der Grenze zur Schizophrenie balancierendes Party-Girl. Zu lachen gibt es nicht viel, wenn Holly in den Kammerspielen trinkt, mit diversen Männern ins Bett geht und über den an ihr als Kind begangenen sexuellen Missbrauch referiert.

Tiffany ist da ganz weit weg in Erich Uiberlackers grauem, sich oft drehendem Wohnungsbühnenbild, auch der Song "Moon River" ist nur eine bizarre Reminiszenz an den gleichnamigen Welthit. Hier kämpft Holly um ein bisschen Würde; die zarten Liebesgefühle für Fred lässt sie wohl aus psychologischen Gründen nicht zu. Eine zutiefst traumatisierte Frau, die nirgendwo ankommen kann.

So kann man das sehen, muss man aber nicht. Denn Regisseur Gampe hätte ruhig noch etwas an der Tempo-Schraube drehen können, nicht alle Darsteller scheinen sich in dieser Interpretation auch wohl zu fühlen. Dafür hat Ruth Brauer-Kvam die Chance, eine neue, eigenständige Figur zu erschaffen, die kaum etwas vom Hepburn-Style hat. Das gelingt Brauer-Kvam vorzüglich.

Christian Nickel bleibt als Fred hingegen blass, Martin Zauner, Siegfried Walter, Sarah Jung und Alexander Strobele bringen echte Typen auf die Bühne; Der Rest des Ensembles erfüllt meist nur seine Aufgaben.

KURIER-Wertung:

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