Wird man beim Schnorcheln nass?

Author David Foster Wallace. (Photo by Steve Liss/The LIFE Images Collection/Getty Images)
Eine Reportage von David Foster Wallace (1962 – 2008): Diese Luxus-Kreuzfahrt in der Karibik ist zumindest zum Lesen ein Hit.

Das könnte ein Sommerhit 2018 werden – melodiös, aber keine Musik. Ein literarischer Sommerhit, lustig, frech, messerscharf: Eine Luxus-Kreuzfahrt in der Karibik. 1600 Passagiere auf dem Schiff "Zenith", unter ihnen der Amerikaner David Foster Wallace, der für eine Reportage im Auftrag des Harper"s Magazine mitreiste.

Er hob sich etwas ab: Dass Smoking an manchen Abenden Pflicht war, empfand er als Scherz. Er trug ein T-Shirt mit der Aufschrift SMOKING.

Unter den Passagieren – meist Paare, gehobener Mittelstand, meist aus Florida – gab es reichlich Peinlichkeiten. Etwa die Anfrage am Informationsschalter: "Schläft die Crew auch an Bord?"

Oder: "Wird man beim Schnorcheln nass?"

Gut war auch die Bitte um Auskunft, um wieviel Uhr denn das Mitternachtsbuffet statfindet. Bestimmt ging sich noch ein Cocktail namens "Slippery Nipple" aus, der im Unterschied zu "Fuzzy navel" schokoladiger schmeckt.

Abschrecken

Foster Wallace war damals, 1995, noch nicht berühmt. Im Alter von 33 war er auch noch nicht leserfeindlich. Beides wurde er erst mit den 1500 Seiten "Unendlicher Spaß", sein Porträt der Spaßgesellschaft mit labyrinthisch gewundenen Sätzen. So versuchte er jenes Publikum abzuschrecken, das eh nur auf Vergnügen aus ist. 2008 beging Foster Wallace Selbstmord. Er hatte an Depressionen gelitten.

In der Reportage "Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich" war er noch etwas wohlwollender. Der Luxus an Bord machte Eindruck. Der Ententanz von 500 "amerikanischen Leistungsträgern" weniger.

Außerdem: Nachdem er seine Reisetasche selbst in die Kabine auf Deck 10 getragen hatte, weil seine Zinkoxydsalbe für die sonnenbrandanfällige Nase dringend erforderlich gewesen war, wurde dem zuständigen libanesischen Gepäckträger zuerst vom libanesischen Obergepäckträger der Kopf abgerissen, dann vom österreichischen Chefstewart.

Schließlich klopfte ein griechischer Offizier an die Kabinentür und entschuldigte sich bei Foster Wallace für den – Skandal.

Der Text ist nicht neu, er erlebte verschiedene Veröffentlichungen – aber jetzt als schönes Buch mit den Meeresbildern des Schweizer Künstlers Chrigel Farner.

Beim Wettbewerb, wer die schönsten Männerbeine an Bord hat, wurde Foster Wallace übrigens nur Dritter. Er führte es darauf zurück, dass die weibliche Jury von seinem Spiderman-Kapperl irritiert war.

D. F. Wallace: „Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich“ Übersetzt von Marcus Ingendaay. Illustriert von Chrigel Farner. Edition Büchergilde. 200 Seiten. 20,60 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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