Wiesen-Festival überschattet von Winehouse' Tod

Wiesen-Festival überschattet von Winehouse' Tod
Jamie Cullum und Erykah Badu begeisterten beim Nova Jazz & Blues. Am Sonntag war ursprünglich ein Auftritt von Amy Winehouse geplant.

Es war ein fast irrealer Moment: Knapp vor dem Auftritt von Jestofunk am Samstag blickten plötzlich immer mehr Wiesen-Besucher auf ihre Smartphones. Und stießen dann fassungslos den Sitz-, Steh- oder Tanznachbarn an: Die Todesmeldung von Sängerin Amy Winehouse machte bei der "Nova Jazz & Blues Night" die Runde. Also ausgerechnet bei jener Veranstaltung, bei der Winehouse während ihrer (vor einigen Wochen dann abgesagten) Tour am Sonntag hätte auftreten sollen.

Der Verlust der talentierten Sängerin war die betroffen machende Unterfütterung eines der gelungensten Jazz-Pop-Funk-Soul-Abende seit Langem. Dank zweier unvergleichbarer, aber auf ihre Weisen höchst unterhaltsamer Künstler.

Wiesen-Festival überschattet von Winehouse' Tod

Zu Karrierebeginn, 2004, wurde Cullum präsentiert wie der Jamie Oliver des Jazz: Mit frischen Zutaten, vielen Gewürzen und einer großen Portion Bubencharme rührt der sympathische Sänger und Pianist in der ehrwürdig ergrauten Domäne des Männer-Jazz um.
Das kompakte britische Energiebündel macht anspruchsvolle, zeitlose Musik ohne falschen Tiefgang. Für die Internetgeneration, der er angehört: Den vergessenen Text schaut Cullum, nach einer verlegenen Tanzeinlage zur Zeitüberbrückung, einfach im Handy nach. Live, auf der Bühne in Wiesen.

Cullum rockt sich am Klavier durch Jazz-, Pop- und Klassik-Klassiker und kennt keinerlei Berührungsängste: Von Beyonces "Single Ladies" hangelt er sich in Sekundenschnelle zu "Come Together" von den Beatles durch, springt davor rasch mal vom Klavier und dann von der Bühne ins Publikum.
Der viel jünger wirkende 30-Jährige reißt sich gleich nach den ersten Nummern Sakko, Krawatte und Hemd vom Körper und spielt dann im T-Shirt derart mitreißend, dass man sich stimmungsmäßig auf einem Rockkonzert wähnt. Am Schluss eines beglückenden Konzerts: Minutenlange Publikumschöre, viel Jubel.

Jeden auftauchenden Gedanken aber, dass damit der Höhepunkt des Abends vielleicht überraschenderweise schon gelaufen sein könnte, wischte die Königin des Neo-Soul dann einfach beiseite. Erykah Badu, die musikalische, optische, energetische Ausnahmeerscheinung im mittlerweile weitgehend verlassenen Grenzgebiet zwischen Hip-Hop, R'n'B und Soul, musste dazu einfach nur auf die Bühne kommen.
In einem Poncho gewordenen Mode-Statement riss sie die Nacht an sich: Mit beißend präzisen Rhythmen, wallenden Haaren und dieser fantastischen Stimme hielt Badu (bekannt geworden u. a. durch "Love Of My Life") Audienz. Und dabei gab es alles im Übermaß: Drama und Coolheit, Eleganz und Exzentrik, Herz und Seele.
Kein Konzert, ein Ereignis.

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