Staatsoper: Glockengeläut und Traumwerte

„The Tempest“ von Thomas Adès kommt in der Regie von Robert Lepage als Koproduktion aus der MET
Staatsoperndirektor Dominique Meyer präsentierte die Premieren für die Saison 2014/’15.

Ich habe zuletzt die Glocke ein bisschen geläutet“, sagte Opernchef Dominique Meyer bei der Präsentation seines Spielplanes 2014/’15. Die Glocke war eine Art Alarmglocke: Alle Rücklagen seien aufgebraucht; wenn sich nicht rasch etwas ändere, schreibe die

Staatsoper fortan ein Defizit. Beim Satz „Die Holding kennt alles im Detail“, gab es Gelächter, weil diese im Zuge der Burgkrise im Schussfeld gestanden war.

Staatsoper: Glockengeläut und Traumwerte
APA17627608 - 25032014 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT KI - Staatsoperndirektor Dominique Meyer (r.) und der kaufmännische Geschäftsführer Thomas Platzer am Dienstag, 25. März 2014, während einer PK der Wiener Staatsoper mit dem Titel "Spielzeit 2014/2015" in Wien. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER
Nun ist Meyer optimistisch, dass er „mit Minister Josef Ostermayer und der Holding“ rasch eine gute Lösung für die Zukunft des Hauses finde. Denn immerhin sei die Staatsoper nicht nur künstlerisch, sondern auch wirtschaftlich ein zentraler Faktor: „Wir füllen mit unserem Publikum die Hotels und Restaurants dieser Stadt.“ Es eile sehr mit der finanziellen Besserstellung, denn jetzt werde für die Zeit in vier Jahren geplant – andernfalls singe jemand wie Anna Netrebko (die 2014/’15 als Anna Bolena zurückkehrt) nicht im Haus am Ring.

Die Auslastungszahlen sind fabelhaft: 99,63 Prozent (bis inkl. 23. 3.), sogar noch höher als zuletzt (99,51 Prozent). Die gesamte Sitzplatzauslastung (inkl. Ballett) ging minimal auf 98,94 Prozent zurück. Meyer: „Ich werde selbst komisch, wenn an einem Abend die Auslastung 98 statt 99 Prozent beträgt. Dabei sind das Traumwerte.“

Fünf Prozent teurer

Die Einnahmen sind (wieder bis 23. 3.) von 21,4 Millionen auf 22,09 gestiegen. Pro Vorstellung nimmt das Haus im Schnitt 114.458 Euro ein. 2014/’15 werden die Preise im Schnitt um fünf Prozent erhöht. Meyer: „Wir haben leider keine andere Lösung.“
In erster Linie ging es dem Opernchef aber um die Premieren ab Herbst. Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst war aus persönlichen Gründen nicht anwesend. Es war auch die erste Programmpräsentation seit Jahrzehnten ohne den zuletzt verstorbenen Karl Löbl.

Sechs Neuproduktionen sind 2014/’15 angesetzt, zwei wird Welser-Möst dirigieren: Verdis „Rigoletto“ (mit Piotr Beczala als Herzog) sowie „Elektra“ von Richard Strauss (mit Nina Stemme in der Titelpartie). Dazu kommen die österreichische Erstaufführung von „The Tempest“ mit dem Komponisten Thomas Adès am Pult, „Idomeneo“ zum Auftakt, Mussorgskis „Chowanschtschina“ und DonizettisDon Pasquale“. Alle Regisseure (Kasper Holten, Lev Dodin, Pierre Audi, Uwe Eric Laufenberg, Irina Brook, Robert Lepage) sind Hausdebütanten.

Yannick Nezet-Seguin dirigiert erstmals an der Staatsoper (den „Fliegenden Holländer“ mit Bryn Terfel), Christian Thielemann wird „Ariadne“ leiten, Kirill Petrenko „Rosenkavalier“ und Simon Rattle zwei „Ring“-Serien. Meyer bestätigte auch, dass Olga Neuwirth und Jörg Widmann an neuen Werken für die Staatsoper arbeiten.

Mit der Bilanz seines Hauses zeigte sich Meyer an sich zufrieden, auch wenn man klar sagen müsse: "Die Budgetsorgen existieren." Aus diesem Grunde sehe man sich gezwungen, an der Preisschraube zu drehen: "Die Spezialisten sagen, dass die Karten nicht teuer genug sind, wenn die Auslastung so hoch ist." Das sei zwar nicht seine Meinung, aber: "Wir haben leider keine andere Lösung."

So werden die Ticketpreise in der neuen Saison im Schnitt um fünf Prozent erhöht. "Wir haben dabei die niedrigen Kategorien geschont", so der Staatsopernchef. So bleiben die Stehplatz-Preise unverändert. Was von Staatsseite überdies notwendig wäre, sei die steuerliche Absetzbarkeit von Sponsorengeldern - und nicht zuletzt die Anhebung der Förderung. Schließlich stagniere die Subvention bekanntermaßen seit langem, die Gehälter würden hingegen steigen: "Wir bekommen die Rechnung, aber nicht das Geld." Dies habe auch konkrete Auswirkungen auf den Spielbetrieb, wenn etwa eine Alternative für das vom Denkmalamt wiederholt kritisierte (und noch für ein weiteres Jahr bewilligte) Kinderzelt am Dach am Geld scheitere: "Wir hätten eine Lösung, aber die können wir uns derzeit nicht leisten."

Aus diesem Grunde habe er zuletzt in Interviews Alarm geschlagen: "Ich habe die Glocke ein bisschen geläutet." Man wolle dauerhafte Lösungen und Klarheit für die Zukunft mit Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) finden. "Ich bin nicht hoffnungslos, weil ich weiß, dass die Staatsoper in diesem Land wichtig ist", zeigte sich Meyer dabei "reasonably optimistic".

Auslastung

Die Auslastung könne man jedenfalls nicht mehr verbessern. Er werde schon leicht nervös, wenn die Auslastung an einem Tag einmal "nur" 98 Prozent betrage. "Kurz gesagt: Die Halle ist voll und jeden Tag ausverkauft", so Meyer. Im Jahresvergleich habe man bis 23. März 2014 die Karteneinnahmen um eine halbe Million auf 22,09 Mio. Euro gesteigert (Vorjahreszeitraum 21,46 Mio. Euro). Die Einnahmen pro Vorstellung sind von 113.527 Euro auf 114.458 Euro gestiegen. Die Sitzplatzauslastung gesamt sank hingegen von 99,21 auf 98,94 Prozent. Der Detailblick auf den Opernbereich zeigt allerdings ein Plus von 99,51 auf 99,63 Prozent, im Ballett hingegen ist ein Minus von 98,99 auf 97,10 Prozent Auslastung zu verzeichnen.

Nach dem Probebetrieb in der laufenden Spielzeit geht man mit dem Konzept des kostenpflichtigen Livestreamings in der neuen Saison in den Vollbetrieb und wird im Frühjahr auch im hochauflösenden UHDTV-Format senden. Rund 45 Veranstaltungen will man bis Juni 2015 den Opern- und Ballettfreunden zu Hause zugänglich machen - wobei sich bis dato einige Tausend Zuschauer für das Angebot entschieden haben. "Betrachten Sie unsere Vorstellungen doch auch mal im Pyjama", warb Meyer für das Projekt, von dem er sich langfristig auch eine neue Einnahmequelle erhofft. Und auch das Konzept der Liveübertragung auf den Herbert-von-Karajan-Platz unter dem Titel "Oper am Platz" wird im September 2014 sowie April, Mai und Juni 2015 fortgesetzt.

Premieren:

Premierendatum

Oper

Dirigent

Regie

5. Oktober 2014

"Idomeneo" von Wolfgang Amadeus Mozart

Christoph Eschenbach

Kasper Holten

15. November 2014

"Chowanschtschina" von Modest Mussorgski

Semyon Bychkov

Lev Dodin

20. Dezember 2014

"Rigoletto" von Giuseppe Verdi

Franz Welser-Möst

Pierre Audi

29. März 2015

"Elektra" von Richard Strauss

Franz Welser-Möst

Uwe Eric Laufenberg

26. April 2015

"Don Pasquale" von Gaetano Donizetti

Jesus Lopez-Cobos

Irina Brook

14. Juni 2015

"The Tempest" von Thomas Ades (EA)

Thomas Ades

Robert Lepage

Kinderoper:

Premierendatum

Oper

Dirigent

Regie

18. April 2015

"Undine" von Albert Lortzing

Johannes Wildner

Alexander Medem

Ballettpremieren:

Premierendatum

Stück

4. Februar 2015

"Verklungene Feste/Josephs Legende" mit Musik von Richard Strauss unter Franz Welser-Möst, choreografiert von John Neumeier

9. Mai 2015

Abend mit "Adagio Hammerklavier" von Hans van Manen, "Cacti" von Alexander Ekman und "Bella Figura" von Jiri Kylian

28. Juni 2015

Nurejew Gala 2015

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