Gipfeltreffen der Wanderer

Die Premiere im  Museumsquartier war überhaupt das erste gemeinsame Konzert von Markus Hinterhäuser  und Matthias Goerne. Dahinter laufen Filme von William Kentridge
Schuberts "Winterreise" bei den Festwochen, mit 24 Animationsfilmen neu definiert.

Die besten Theaterabende sind jene, nach denen einem die Worte fehlen (für Kritiker ein kontraproduktiver Zustand). Nach denen kurz Stille herrscht, ehe Applaus einsetzt. Nach denen man sich in einem Zustand zwischen restloser Begeisterung und Ratlosigkeit befindet. Nach denen die heute ach so schnell gefassten Urteile unmöglich sind und man erst nach Stunden versteht, wie herausragend das Gesehene tatsächlich war.

Abende wie jener im MuseumsQuartier, an dem Schuberts "Winterreise" vom Bariton Matthias Goerne, vom Pianisten Markus Hinterhäuser und von einem vom Künstler William Kentridge gefütterten Filmprojektor aufgeführt wurde.

Ein ideales Gespann

Bleiben wir bei der Annäherung an diesen poetischen, fantasievollen, märchenhaften Abend vorerst bei der musikalischen Seite: Hinterhäusers Spiel ist berührend, sensibel, völlig im Dienst der Sache stehend, sein Anschlag sanft, uneitel, höchst elegant. Goerne wechselt in seiner Gestaltung zwischen fragilen Lyrismen und größter Dramatik – man wüsste nicht, wer das zurzeit besser singen sollte und welches Tandem diesen gesamtkunstwerklerischen Abend besser live darbieten hätte können.

Womit wir bei den 24 Trickfilmen wären, die Kentridge zu den 24 Liedern nach Wilhelm Müller geradezu altmodisch mit Tinte gezeichnet und abgefilmt hatte. Sie sind inspiriert von Johannesburg, man sieht den Künstler in seinem Atelier, durch ein Lexikon wandern, seine Frau, dann die Tänzerin Dada Masilo, man sieht Galgen, Krieger, Raben, Höhenflüge und Abgründe. Man versteht vieles, nicht alles, muss man aber auch nicht. Klar ist: Der Wanderer Kentridge wird eins mit dem Wanderer Goerne. Und die Themen Sinnsuche, Einsamkeit, Abschied werden zu länderübergreifenden, weit über den Winter hinausreichend.

Hinterhäuser ist es mit dieser Produktion – nach Glucks "Orfeo" – ein weiteres Mal gelungen, das Genre Musiktheater auszuloten, zu hinterfragen und eine mögliche Antwort zu geben. Auch dafür werden diese Festwochen in Erinnerung bleiben.

KURIER-Wertung:

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