Langhoff sagte Wien "sehr, sehr ungern" ab

Langhoff sagte Wien "sehr, sehr ungern" ab
Theatermacherin Shermin Langhoff zog das Berliner Gorki-Theater den Wiener Festwochen vor. Am Dienstag nahm sie dazu Stellung.

Die derzeitige Leiterin des Ballhaus Naunynstraße, Shermin Langhoff, bleibt in Berlin und wird 2013 Intendantin des Maxim Gorki Theaters, das sie gemeinsam mit dem Dramaturgen Jens Hillje leiten wird. "Kurz vor den Toren Wiens ist es uns noch gelungen, die beiden zurückzuholen", sagte Berlins Kulturstaatssekretär Andre Schmitz nicht ohne Stolz am Dienstag auf einer Pressekonferenz im Gorki Theater. Langhoff hätte mit dem designierten Wiener Festwochen-Intendanten Markus Hinterhäuser ab 2014 ein Leitungsduo bilden sollen und hatte am Montag Wien kurzfristig abgesagt.

   Auf die Frage der APA, wie ihm diese Rückholung gelungen sei, sagte Schmitz: "Mit Charme." Danach aber auch mit dem Argument, in einem spannenden Haus die Chance zu haben, auch mit einem Ensemble zu arbeiten. "Außerdem kennen wir einander schon lang und sind befreundet und haben gegenseitiges Vertrauen. Aber ich weiß auch, dass ich mir keine einfache Intendantin hole."

   Shermin Langhoff ließ über ihre Wiener Vertragspartner nichts Negatives kommen. "Sowohl Herr Mailath-Pokorny (der Wiener Kulturstadtrat, Anm.) als auch Herr Scholten (der Festwochenpräsident, Anm.) haben über ein Jahr sehr klug mit mir gesprochen und verhandelt. Ich habe anfangs in Sachen Wien tatsächlich sehr lange gezögert, weil ich mich gefragt habe, wozu brauchen die Wiener Festwochen ausgerechnet mich. Das wurde mir in der Tat auch im kulturpolitischen Kontext sehr glaubhaft gemacht."

"Hätte ein Drittel des Budgets verwalten können"

Sie habe diese Stelle sehr gerne angenommen "und sehr, sehr ungern abgesagt", betonte sie auf der Pressekonferenz, auf der sie als künftige Intendantin des Gorki-Theaters vorgestellt wurde. "Das war tatsächlich eine tolle Kommunikation. Ich wurde sehr willkommen geheißen. Ein Drittel des Budgets hätte ich autonom verwalten können. Also die Möglichkeiten waren größer als hier. Es war kein Kampf um Mittel. Es ging nicht um Entweder-Oder."

   "Es mag nach außen komisch klingen, aber es waren tatsächlich am Ende persönliche und familiäre Gründe, weshalb ich mich entscheiden wollte und musste, in Berlin zu bleiben." Nähere Details wollte sie nicht äußern: "Meine Tochter und mein Mann wünschen nicht, dass ich über sie spreche", bat sie um Verständnis. Diese familiären Gründen hätten sich erst in den vergangenen Monaten ergeben.

   "Da die Wiener Festwochen jetzt noch zwei ganze Jahre haben und auch bereits einen Intendanten, hoffe ich, dass sie sich in der Nachbesetzung einer Kuratorin nicht schwertun werden. Deshalb habe ich es mir bei aller Liebe und bei allem Respekt gegenüber den Kollegen in Wien, mit denen ich im Gespräch war, getraut." Gefragt nach ihrem Verhältnis zu Markus Hinterhäuser, sagte sie: "Mit ihm hätte ich ja jetzt erst angefangen. Wir hatten zwei ganz lange und gute Vorbereitungsgespräche. Aber mein Dienstbeginn in Wien wäre Jänner 2013 gewesen." Man sei gerade am Ende der Vertragsverhandlungen gewesen, als sie gebeten habe, aus den Vertragsverhandlungen entlassen zu werden. "Es gab 48 Stunden, in denen ich Kontakt mit drei Häusern hatte."

   Für das 400 Plätze zählende Gorki Theater im Zentrum Berlins wird Langhoff 2013 ein Budget von 9,8 Millionen Euro haben und somit 1,2 Millionen weniger als Claus Peymann im Berliner Ensemble. Ihre neue Aufgabe gehe sie "mit hohen Ansprüchen und Bescheidenheit im Ansatz" an. Das Gorki sei ein Stadttheater, das kein Label brauche - im Gegensatz zu ihrer bisherigen Aufgabe als Chefin des Ballhaus Naunynstraße in Berlin, dem sie das Label "postmigrantisch" gegeben habe.

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