Die Wiener Kraftwerkstätten - Tag 2
Derzeit ist das Burgtheater ein Musikverein, in dem es jeden Abend Premiere und Repertoire zugleich gibt: Und zwar von Tanzmusik, die längst Hochkultur ist. Und von der unbeweglichsten Band der Welt gespielt wird.
Zur Halbzeit der Acht-Konzerte-Serie der wegweisenden Band Kraftwerk im Rahmen der Wiener Festwochen hat sich der Kosmos der Elektro-Pioniere voll entfaltet: Vier der acht kanonischen Alben sind (wenn auch nicht immer in voller Ausführlichkeit) mit Freitagabend abgespielt gewesen.
Wie Fernfahrer auf der Autobahn nicken einander die Achtkonzerteanschauer in den Pausen zu (man beginnt einander zu kennen).
Die größten Hits sind, jeweils im Anschluss an das Themenalbum des Konzertes, bereits vier Mal mit homöopathischen Unterschieden erklungen. Und funktionierten auch beim vierten Mal: Hier ist Wiederholung kein Grund zum Ärger (den mancher Fan wegen allzu ähnlicher Setlists empfand), sondern ästhetischer Mehrwert.
Handgemacht
Das Musik-Fließband ist hier eine Manufaktur, das muss man angesichts der unbeweglichen Figuren an den Reglern betonen. Dabei entsteht – vielleicht eine Überraschung – sogar manch’ Ausschussware: ein, zwei Mal hakte es ganz ordentlich im Kraftwerk. Was man als Beweis verbuchen kann, dass die Musiker während des Konzertes doch nicht nur Tetris spielen oder Konzeptkunst-Webseiten ansurfen.
Am Freitagabend also ging es mit dem „Trans Europa Express“ durch „Europa, endlos“; und dann in die Auseinandersetzung mit der „Mensch-Maschine“. Die Alben standen mehr für sich als jene des Auftaktabends. Am Schluss tänzelte (!) Ralf Hütter hinter seinem Pult, verbeugt sich – und überrascht beim vierten Konzert, Freitag gegen Mitternacht, mit den ersten Zugaben der Spielserie. Das Publikum (das bisher begeisterungsfähigste, auch hier gibt es feine Unterschiede) dankte euphorisch.
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