Bondys Abschied: Die Aufreger und Langeweiler

APA7691436 - 27042012 - WIEN - ÖSTERREICH: Intendant Luc Bondy am Freitag, 27. April 2012, im Rahmen einer PK zu den Wiener Festwochen "Programm 2012".. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
Bilanz: Die Wiener Festwochen 2013 im Rückblick

Schluss, aus, vorbei. Das war’s. Die Wiener Festwochen 2013 sind Geschichte, und auch die Ära von Intendant Luc Bondy hat nach 16 Jahren ein Ende gefunden. Aber was für eines? Vieles war gut, einiges nicht, manches machte Freude, anderes wiederum war ärgerlich. Ein Erfahrungsbericht ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

– Die größte Problemzone war (einmal mehr) das von Stéphane Lissner verantwortete Musiktheater. So machte Franz Koglmanns Werk „Join!“ auch dank eines öden Librettos und einer noch öderen Umsetzung dem Musical „Natürlich blond“ in der nach unten offenen Bedeutungslosigkeitsskala Konkurrenz. Einen Lerneffekt gab es trotzdem: Mit der „richtigen“ Bühnenlösung kann man das Publikum fast problemlos am Davonlaufen hindern.

– Das größte Ärgernis war (einmal mehr) die musikalische Umsetzung der groß angekündigten Verdi-Trilogie. Denn nach „Rigoletto“ und „La Traviata“ fuhr Dirigent Omer Meir Wellber auch „Il Trovatore“ schnurstracks an die Wand. Und dass die Festwochen für Verdi keine adäquaten Sänger finden konnten, war auch verblüffend.

– Die größte Mogelpackung war Christoph MarthalersLetzte Tage. Ein Vorabend“. Diese Produktion firmierte im Theaterbereich, war letztlich aber ein groß-aufgeblähtes Anti-Faschismus-Konzert. Immerhin die Botschaft war ehrenwert und die Musik tatsächlich gut.

– Der größte Aufreger war Romeo CastelluccisSul concetto di volto nel Figlio di Dio“. Noch nie hat es im Burgtheater so sehr nach Fäkalien gestunken, schon lange nicht gab es so wütende Proteste.

– Die stärkste Performance kam von Angélica Liddell, die in ihrem kontroversiell diskutierten „Wendy-Syndrom“ alle „Gutmenschen“ mit verbalen Ohrfeigen bedachte.

– Die größte Überraschung kam aus Sydney. Simon Stones famose Deutung von Ibsens „Wildente“ mauserte sich unter dem Namen „The Wild Duck“ vom Geheimtipp zum absoluten Publikumshit.

– Der genialste Nuschler war Theater-Gigant Bruno Ganz in Luc Bondys Adaption von Harold Pinters „Le Retour“. Selten waren Übertitel auch für Französischsprachige so hilfreich und wichtig.

– Der anstrengendste Marathon war Martin Kušejs mehr als sechsstündige Schauspieltrilogie „In Agonie“. Nach dem Motto „Nur die Harten kommen durch“.

– Das tollste Bühnenbild war bei Robert Lepages „Playing Cards“ zu sehen und avancierte zum Hauptdarsteller.

– Die schönsten Kunststücke waren bei BondysTartuffe“ zu erleben. Grandiose Schauspieler zeigten, dass sie grandios schauspielern können. Überragendster der Überragenden: Joachim Meyerhoff.

– Die lustigste Manipulation war bei Nicolas StemannsKommune der Wahrheit. Wirklichkeitsmaschine“ zu genießen. Nachrichtenfieber traf auf Dschungelcamp, nur ohne Kakerlaken.

– Die sinnloseste Ruhe strahlte der sich selbst unfassbar wichtig und ernst nehmende Ausstellungs,-und Performanceparcours „Unruhe der Form“ aus. Dabei konnte man diesen ruhig auslassen.

– Die schönsten Klänge gab es in Konzerten.

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