Wie die Kunst ihr Publikum fand
Während Starkünstler Olafur Eliasson das Winterpalais zuletzt in zeitgenössisches Licht tauchte, verspricht der Titel der aktuellen Ausstellung eine Rückkehr zu frühneuzeitlichen Ursprüngen: Mit „Fürstenglanz – Die Macht der Pracht“ erforscht Kurator Tobias Natter eine Form fürstlicher Repräsentation mit bedeutsamen Folgen für die Kunst. Im Zentrum der Ausstellung steht die Gemäldesammlung als fürstliches Marketingtool und die Frage, wie die Kunst zu einer öffentlichen Sache wird.
Die Schau lässt ahnen, wie sich Besucher beim Besichtigen der Galerien früherer Tage fühlten: Gemälde dicht gehängt bis unter die Decke, Kunst als Teil des barocken Gesamtkunstwerks. Für adelige Kunstliebhaber wie Prinz Eugen und Konsorten diente Schönheit immer auch als Veranschaulichung politischer Macht – der Steigerung ihres Ansehens, im buchstäblichen Sinne.
Breitenwirksam
Freilich ist ein barocker Salon eine elitäre Sache, seine Reichweite begrenzt. Doch hier, im 17. Jahrhundert, beginnt eine Entwicklung, welche über die nächsten paar Hundert Jahre zunehmend in Schwung kommt. Private Sammlungen, die der Veranschaulichung von fürstlicher Macht, Reichtum und gutem Geschmack dienten, werden nicht nur einem wachsenden Publikum zugänglich gemacht. Es finden sich auch immer breitenwirksamere Wege, diese Verbreitung auch auf medialem Wege zu vollziehen. Es ist die Geburtsstunde des Sammlungskatalogs und der Keim der Idee, dass Kunst ein Allgemeingut sein könnte.
Eine der ersten Ideen, die die Fernwirkung der fürstlichen Sammlungen verstärken sollte, waren Galeriewerke – virtuose Idealansichten von Gemäldesammlungen, die als Geschenke an fremde Fürstenhöfe verschickt wurden. Immer noch faszinierend sind die von David Teniers d. J. mit erstaunlichem Detailreichtum gemalten Ansichten der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms, auf denen bereits Mitte des 17. Jahrhunderts die Highlights des heutigen Wiener KHM als Bilder im Bild versammelt sind.
Bald sollte die feingliedrige Kopierarbeit der Hofmaler aber zu ineffizient werden. Rasch werden auch Buchdruck und grafische Reproduktionstechniken in den Dienst der Kunst gestellt: Die tischgroßen Prunkbände, in denen etwa Ludwig XVI. ab 1677 seine Pariser Sammlungen publizieren lässt, sind mit ihren kostbaren Einbänden und marmorierten Vorsatzblättern selbst kleine Kunstwerke. Erstmals wandern so die Sammlungen der Fürstenhöfe in hundertfacher Auflage durch Europa.
Bilder, Bildung, Bürger
Reproduktionskunst – sei sie künstlerisch-handwerklichen oder technischen Ursprungs – hat natürlich immer ein gewisses Imageproblem: Walter Benjamin beklagte 1936 den Verlust der „Aura“ als Folge von technischen Vervielfältigungsmethoden in der Kunst. Die Proto-Reproduktionen des 17., 18. und frühen 19. Jahrhunderts, die diese Schau präsentiert, aber sind keineswegs seelenlose Kopien, sondern Kostbarkeiten mit eigenem Kunstwert – und Dokumente von medienhistorischer Tragweite.
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