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"Westworld": Jeden Morgen wieder aus einem Albtraum erwachen

Androiden, die aussehen wie Menschen: James Marsden und Evan Rachel Wood
In der brillanten Prestige-Sci-Fi-Serie können Besucher den Themenpark "Westworld" besuchen und mit Androiden grausame Geschichten durchspielen.

"Westworld" ist der Name eines Themenparks, in dem der Besucher alle seine Fantasien ausleben darf – die guten, aber vor allem auch die schlechten: Am Lagerfeuer sitzen und sich verlieben; oder schießen, morden und vergewaltigen. Denn "Westworld" liegt im "Wilden Westen". Und dort ist alles erlaubt: "Hier sind wir die Götter", sagt Anthony Hopkins in seiner Rolle als Robert Ford, selbstgerechter Erfinder des perversen Spielplatzes.

"Westworld", hochakklamierte HBO-Edelserie und ab heute auch auf Sky Atlantic zu sehen, beruht auf einem Stoff von Bestseller-Autor Michael Crichton, den dieser selbst in den 70er-Jahren als Sci-Fi-Thriller verfilmte. Während im Original Yul Brynner noch als schießwütiger Roboter mit schwarzem Hut durch den Park wütet und Gäste erschießt, haben sich die Sympathien nun neu verteilt.

Es sind die menschengleichen Androiden, für die unser Herz als Zuschauer schlägt. Sie sind die sogenannten "hosts", also die Gastgeber ihrer Westernstadt, und nehmen dort die klassischen Western-Rollen ein: Prostituierte im Saloon oder edle Farmerstöchter, wenn sie Frauen sind; aufrechter Cowboy oder schießwütiger Bandit, wenn es sich um Männer handelt.

Sie alle sehen aus wie echte Menschen, sind es aber nicht. Tagtäglich müssen sie sich von den aggressiven Besuchern ausrauben, niederschlagen oder erschießen lassen – je nachdem, welche Gelüste die "guests" mit sich bringen. Am Abend werden die "hosts" dann von den Parkbetreibern vom Schauplatz geschleppt, in einem wissenschaftlichen Labor gereinigt – und ihren Computern ein neues Upload verpasst. Damit sie am nächsten Morgen nach der Gehirnwäsche nicht mehr wissen, welche Todesängste sie am Vortag durchgestanden haben.

Vergessen lassen

"Das ist das Mindeste, was wir für sie tun können", sagt ihr Erfinder, Dr. Ford: "Sie vergessen lassen." So wachen die Androiden Morgen für Morgen aus ihren Albträumen auf und können sich an nichts erinnern – oder doch?

Plötzlich kommt es zu Irritationen: Dolores, eine milchweiße Farmerstochter mit blonden Haaren, hat plötzlich Flashbacks. Sie erinnert sich an schreckliche Ereignisse, von denen sie laut ihrer Computerprogrammierung gar nichts wissen dürfte. Ähnlich geht es der Saloon-Madame Maeve Millay: Auch sie nimmt plötzlich Dinge jenseits ihrer festgelegten Roboterkapazitäten wahr.

Evan Rachel Wood als traumatisierte Dolores brilliert als servile Androidin auf der Schwelle zur Bewusstwerdung; ebenso Thandie Newton als argwöhnische Prostituierte: Irgendwann lässt sie sich von einem Klienten das Messer in die Seite stechen, um zu überprüfen, ob sie aus Fleisch und Blut oder doch aus anderem Stoff gemacht ist.

"Westworld" ist von schöner Unheimlichkeit und glasklarer Ästhetik. Die transparenten Wissenschaftslabore werden zu Operationssälen einer skrupellosen Zweiklassengesellschaft. Dort kann jeder Besucher selbst entscheiden, ob er lieber Held oder Verbrecher in seiner eigenen Geschichte werden möchte.

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