Wenn Königin Anna Netrebko den großen Unterschied ausmacht

In Göttweig begeisterte Elina Garanča ihr Publikum; im Wiener Konzerthaus sorgte Anna Netrebko für ein Saisonfinale nach Maß. Das nicht allein, denn der Opernstar hatte sich im Rahmen der Reihe "Great Voices" vokale Verstärkung geholt und führte den Gala-Abend trotz einer Absage zum Triumph.

Eigentlich hätte der Tenor Aleksandrs Antonenko Teil des hochkarätigen Solistenquartetts sein sollen – eine Erkrankung zwang ihn zur Absage. Gut also, dass auch Anna Netrebkos Verlobter Yusif Eyvazov Tenor ist. Denn dieser sprang ein, musste aber auch seiner Nervosität Tribut zollen. Denn sein "Celeste Aida" (Radames aus Giuseppe Verdis gleichnamiger Oper) hatte durchaus noch stimmliches Potenzial nach oben, wesentlich besser gelang ihm sein Canio ("Recitar!. . . Vesti la giubba" aus Ruggero Leoncavallos "Pagliacci"). Hier schmetterte Eyvazov die Spitzentöne nur so heraus.

Ähnliches gilt für die Mezzosopranistin Ekaterina Gubanova, die mit einer Arie aus Cileas "Adriana Lecouvreur" und mit der Santuzza (" Voi lo sapete" aus Mascagnis "Cavalleria rusticana") zu höchster vokaler Dramatik fand.

Unfassbar kultiviert, feinsinnig, nuanciert, aber mit allem gebotenen Nachdruck agierte der fabelhafte Bassist Ildar Abdrazakov. Er begeisterte mit einer Arie aus Verdis "Attila" und demonstrierte, dass auch Verdis selten gespieltes Werk "Ernani" seine melodischen Qualitäten hat.

In einer eigenen Liga

Und Anna Netrebko? Sie war natürlich das Kraftzentrum des Abends. Hinreißend ihre Aida (die Arie "O patria mia"), ein Genuss ihre Desdemona (Verdis "Otello" im Duett mit Yusif Eyvazov), ein Ereignis "Un bel di vedremo" aus Puccinis "Madama Butterfly". Netrebko singt und spielt in ihrer eigenen Liga.

Wie auch das ORF Radio-Symphonieorchester Wien und der exzellente Dirigent Marco Armiliato viel zum Gelingen dieser "Great Voices" beitrugen.

KURIER-Wertung: