Wenn der Aktenschrank zu sprechen beginnt

Todesengelartige Klavierschülerin: Elzemarieke de Vos
Kritik: Marius von Mayenburgs Stück "Eldorado" als Eröffnungspremiere des Werk X in Wien-Meidling.

Kapitalismuskritik. Derzeit das Pflichtthema für jedes Theater. Es ist bestimmt kein Zufall, dass das Werk X in Wien-Meidling als Eröffnungspremiere Marius von Mayenburgs Stück "Eldorado" wählte (abgesehen davon, dass der deutsche Autor und Regisseur in der Branche einen tollen Ruf genießt).

Das Stück stammt aus dem Jahr 2004, wirkte damals sicher prophetisch und ist heute hoch aktuell: Noch im Untergang erlebt der Kapitalismus eine Blüte. Während draußen Straßenkämpfe toben, füllen drinnen Immobilienspekulanten die entstehenden Grundstückslücken mit schicken Bauprojekten und sich selbst die Taschen.

Als einer von ihnen, Anton (Gábor Biedermann), wegen Betrügereien seine Stelle verliert, nimmt er das nicht zur Kenntnis. Und auch seine Frau Thekla (Anna Rot) merkt zunächst nichts, ist sie doch mit ihrer eigenen Krise beschäftigt. Lästig sind seine reiche Mutter (ist das schön, Anna Franziska Srna wieder in Wien zu sehen!), ihr Jungliebhaber (Karim Chérif) und eine geheimnisvolle, todesengelartige Klavierschülerin (Elzemarieke de Vos). Außerdem beginnt ein leerer Aktenschrank zu sprechen, in dem der Geist des Ex-Chefs (Peter Wolf) haust...

Heiliger Ernst

Das Stück ist originell und verbreitet eine merkwürdige Stimmung der Verunsicherung, gespielt wird gut. Der Regisseur von Mayenburg hätte allerdings weniger Respekt vor dem Autor Mayenburg haben sollen – der heilige Ernst, mit dem die Geschichte erzählt wird, wirkt stellenweise ebenso lähmend wie die vielen Text-Redundanzen.

KURIER-Wertung:

INFOS: werk-x.at

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