Weltmuseum: "Säle und Vitrinen wären zu wenig"

So sieht das "Weltmuseum Neu" in der Visualisierung der beauftragten Büros Ralph Appelbaum Associates und Gareth Hoskins Architects aus.
Der Umbau des Weltmuseums Wien soll „redimensioniert“ werden. Der Direktor sagt, worauf er nicht verzichten will.

Steven Engelsman kann in ansteckender Weise von „seinem“ Museum schwärmen. Und doch bleibt das Haus, das der Niederländer 2013 von „Museum für Völkerkunde“ in „Weltmuseum Wien“ umbenannte, ein Phantom: Zuletzt nur mit Wechselausstellungen bespielt, ist die Institution in der Neuen Burg seit Anfang November wegen Umbaus ganz geschlossen.

Nun wurden die Arbeiten gestoppt, weil Kulturminister Ostermayer das Konzept „überdenken“ lassen will.
„Das kam sehr überraschend“, erklärt Engelsman im KURIER-Gespräch. Alles sei auf eine Wiedereröffnung im Frühjahr 2017 ausgerichtet gewesen, man sei im Zeitplan gelegen. Der Minister stieß sich dabei weniger an den Baukosten (27,5 Millionen Euro, davon muss das Haus 2,5 Millionen selbst aufbringen): Zum Betrieb des Museums bräuchte der Verbund des Kunsthistorischen Museums auch rund zwei Millionen Euro mehr Basisabgeltung pro Jahr.

Wiederherstellung

Weltmuseum: "Säle und Vitrinen wären zu wenig"
„Wir reden nicht von einer Vergrößerung, sondern von der Wiederherstellung des Museums – mit zeitgemäßen Mitteln“, betont Engelsman dabei. Die reine Ausstellungsfläche im geplanten Weltmuseum würde 4600 m² – aufgeteilt auf 29 Säle – umfassen.

Seit das Museum nach dreijähriger Schließzeit im Jahr 2007 teileröffnet wurde, war stets weniger als die Hälfte bespielt worden. Mit allen Räumen, Depots und dem prächtigen Atrium umfasst das Museum rund 16.500 m².

Der KHM-Verbund muss als „Dachorganisation“ nun den neuen Rahmen erarbeiten, in dem das Museum realisiert werden kann. Engelsman möchte sich im KURIER-Gespräch nicht auf Quadratmeterzahlen und Räume als Bedingung festlegen. Dinge wie ein Museusmcafé wären notfalls verzichtbar, sagt er. Doch er beharrt auf Grundfunktionen, ohne die seine Vision scheitern würde.

Kinder und Events als Kernpunkt

„Man muss etwas mit Kindern machen können“, nennt Engelsman dabei als ersten Punkt. Auf das in Kooperation mit dem Verein Zoom geplante „Kindermuseum“ versteift er sich allerdings nicht.

Auch für erwachsenes Publikum müsse es im neuen Weltmuseum Platz für Veranstaltungen geben, sagt der Direktor: „Sonst wird sich das auf Säle und Vitrinen reduzieren. Das wäre mir zu wenig.“ Und: „Ein Museum, wo wir neben Veranstaltungen keine Sonderausstellungen machen können, ist auch schwer vorstellbar. “

Weltmuseum: "Säle und Vitrinen wären zu wenig"
In Engelsmans Amtszeit realisierten bereits tibetische Mönche Rituale im Museum, die mexikanische Community Wiens feierte am 1. 11. den „Día de los Muertos“ neben dem berühmtesten Exponat des Hauses, dem Federkopfschmuck (Penacho).

Derlei Teilhabe sei vor dem Hintergrund, dass immer mehr Menschen Migrationshintergrund haben, wichtig, sagt Engelsman. „Ich sehe es als Aufgabe des Museums, klarzumachen, dass Migration zum Menschen gehört wie Regen und Sonne zum Wetter.“

Die FPÖ hat das Projekt wiederholt torpediert. Wie stabil die politische Unterstützung sonst ist, wird sich zeigen. „Österreich braucht so etwas ganz bestimmt“, sagt Engelsman. „Ich halte mich daran fest, dass der Minister es auch will.“

Es ist nicht ganz so spannend wie „Batman“, hat aber mindestens so viele Fortsetzungen: Zum „Haus der Geschichte“, gedacht als Lern-Ort zur Historie Österreichs seit 1918, wurden seit 1998 zahlreiche Machbarkeitsstudien erstellt, die alle im politischen Hickhack zerbröselten. Der Vorstoß von SP-Minister Ostermayer bringt das Haus nun wieder aufs Tapet.

Hintergrund: 2018 wird das Jubiläum „100 Jahre Republik Österreich“ gefeiert, und es besteht Zugzwang, ein würdiges Jubiläumsprojekt von Bundesseite vorzuweisen. In Niederösterreich arbeitet man parallel an einem „Haus der Geschichte“ im Kontext des Landesmuseums; es soll 2017 eröffnen.

In Wien harrt zugleich das Areal des Heldenplatzes seiner Neugestaltung. Der neue Bücherspeicher der Österreichischen Nationalbibliothek soll ebenfalls hier entstehen, das ist im Programm der Bundesregierung als Ziel festgeschrieben.

Aus dem Büro von Josef Ostermayer heißt es, die Redimensionierung des Weltmuseums sei nun ein „erster Schritt“, Anknüpfungspunkte zum Haus der Geschichte und Tiefspeicher würden „im Laufe der weiteren Gespräche erarbeitet werden“.

In einer Lehrveranstaltung an der Abteilung Hochbau der TU Wien arbeiten inzwischen mehr als 550 Studierende an Entwürfen für ein „Haus der Geschichte“ – vor Volksgarten und Bundeskanzleramt. Für den Leiter der Abteilung, Gerhard Steixner, verdient das Haus einen Neubau: „Es sollte an diesem Platz nicht nur das Erbe der Monarchie Platz finden.“

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