Wellenreiten auf der Bilderflut

Begehbares Panorama von Hans Weigand im 21er Haus: Der Künstler montiert aus Einzelteilen riesige Bilder, die oft apokalyptisch anmuten
Hans Weigands bisher größte Solo-Schau und Ballonskulpturen von Tomás Saraceno.

Er ist einer jener Künstler, die scheinbar unentwegt Haken schlagen und bei denen man trotzdem stets weiß, woran man ist: In Hans Weigands Welt gehen buchstäblich die Wogen hoch, die Betrachter werden in den Strudel von Katastrophenszenarien eingesaugt, daneben spielt jemand E-Gitarre, es wird gesurft oder auch nur abgehangen.

"Surfing" heißt auch die große Werkschau des 1954 geborenen Tirolers im 21er Haus (bis 13. 9.), die es auf hervorragende Weise ermöglicht, in diese Bildwelt einzutauchen: Rund um Motive und Bildserien gruppiert, entfaltet sich hier ein hinreißendes Spektrum von Imaginationen, alten und neuen Bildformen und Techniken.

Platsch!

Der Surfer, der vom Brett in die Fluten stürzt, ist das Motiv einer Reihe von Arbeiten, wobei Weigand teils Figuren aus dem 16. Jahrhundert als Vorlage nutzte. Mitunter übernahm er auch die alte Technik des Holzschnitts selbst, die Werke erreichen dadurch eine ganz eigentümliche Qualität zwischen der Intimität eines Drucks und der Monumentalität eines Leinwandbilds.

Das Verwirrspiel von Alt und Neu setzt sich in etlichen Werken fort – etwa in einer Serie von Architekturvisionen mit einer aus Holz konstruierten Satellitenantenne. Auch das begehbare Panorama – ein Format, das Weigand in seiner Tiroler Jugend kennenlernte – findet sich in der Schau.

Das Übereinander-Denken von Bildern hat bei Weigand Tradition; ein "Wunderkammer" genannter Raum, der eine Mini-Retrospektive mit Werken seit den 1970ern enthält, macht die Idee, das eigene Werk sei eine permanente Arbeit im Museum, explizit. Weigands großformatige Collagen – im 21er Haus ist eine witzige Paraphrase auf Hieronymus Boschs "Garten der Lüste" zu sehen – ergeben sich aus dem Bilderfundus, den der Künstler unermüdlich sammelt; in diesem Sinn ist er selbst ein "Surfer" im Meer der Bildzitate.

Als "Museum" bezeichnet auch der argentinische Künstler Tomás Saraceno die Arbeit, mit der er den zentralen Saal des 21er Hauses buchstäblich "befüllt" (bis 30. 8.): Es ist eine enorme Blase aus zusammengeklebten Plastiksackerln, geschaffen von vielen Menschen, die beim Sammeln, Schneiden und Kleben halfen.

Der Nicht-Ballon

Der Begriff "Ballon" würde das kollaborative Werk abwerten, erklärt der Künstler dazu. Fliegen kann die "Skulptur" aber sehr wohl, und zwar nur mithilfe der Sonne, die die Luft im Inneren erwärmt.

Saraceno sieht seine Objekte, die er bereits vielerorts in die Luft steigen ließ, auch als ästhetische Anregungen, Fragen wie Recycling und Ressourcenverbrauch neu zu denken. Man wundert sich, warum die Schau nicht Teil der vom MAK initiierten "Vienna Biennale" ist, die sich eben solche künstlerischen Signale zum Thema auserkoren hat. Aber manchmal sind Museen eben als ungesteuerte Flugobjekte unterwegs.

Info: Am Sonntag, 21.6., lädt das 21er Haus zum Sommerfest mit Führungen, Konzerten, Performances. 16–22 Uhr, www.21erhaus.at

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