"Welcome to Norway": Playstation anstelle von Büchern

Pleite-Hotelier will mit Flüchlingen gutes Geschäft machen: "Welcome to Norway"
Norwegische Culture-Clash-Tragikomödie mit lakonischem Humor.

Von wegen Vorurteil. Neger wird man wohl noch sagen dürfen. Für Primus, einen norwegischen Pleite-Geschäftsmann, sind alle Flüchtlinge Neger, der Einfachheit halber. Ohnehin ist sein Interesse an Flüchtlingen sehr eingeschränkt: Sie sollen in sein desolates Hotel einziehen, dort die Zimmer gratis renovieren – und wenn alles fertig ist, will Primus die staatliche Unterstützung für die Führung seines Asylantenheims einstreifen.

Geschäftsmodell "Flüchtling": Guter Plan, der allerdings nicht ganz aufgeht. Die Neuankömmlinge erweisen sich als renitenter als vorhergesehen. Die einen verlangen eine PlayStation, die anderen weigern sich, mit einer feindlichen Religion das Zimmer zu teilen. Sunniten links, Schiiten rechts. Primus zerschneidet mit der Motorsäge hart gefrorene Brotlaibe und ist bald restlos überfordert.

Dank seines unterkühlten Humors vermeidet Regisseur Rune Denstad Langlo die Verniedlichung seiner Figuren. Stattdessen blitzt unterhaltsamer Realismus jenseits der Culture-Clash-Wohlfühlkomödie auf. Die Literaturangebote der Gemeindebeamtin werden seitens der Asylanten abgelehnt: Flachbildschirme wären ihnen lieber, danke. Umgekehrt üben somalische Frauen im Norwegisch-Kurs Sätze wie "Ich bin Börsenmakler."

Insgesamt aber liegt das Interesse der Erzählung fast ausschließlich bei der norwegischen Hauptfigur. Die Erziehung seines Herzens steht im Mittelpunkt, nicht das Schicksal der Flüchtlinge. Deren Lebensgeschichten erhalten nur vereinzelt – etwa im Fall des netten Abedi aus Eritrea – ein wenig Profil.

Immerhin: Am Ende trifft Primus eine Entscheidung, die er am Anfang nicht getroffen hätte. Von wegen Vorurteil. Man lernt ja dazu.

INFO: NOR 2016. 90 Min. Von Rune Denstad Langlo. Mit Anders Baasmo Christiansen, Slimane Dazi.

KURIER-Wertung:

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