Waves: Kurze Wege, lange Nächte

Black Honey stellen sich am Donnerstag am Waves vor.
Thomas Heher, Leiter des heute startenden Club-Festivals, über alte Probleme und neue Herausforderungen.

Am 3. Oktober 2015 wurde in Österreich der Höhepunkt der Solidarität erreicht. 100.000 Menschen gingen an diesem Samstag zu "Voices for Refugees", einem "Konzert für ein menschliches Europa" am Wiener Heldenplatz. Alle waren dort: Heinz Fischer, Die Toten Hosen, Seiler & Speer und Bilderbuch. "Es war eine Ausnahmesituation", sagt Thomas Heher im KURIER-Interview. Auch er wäre damals hingegangen, wenn er sich nicht um sein "Baby", das Waves-Festival, das zeitgleich in der Wiener Innenstadt ausgetragen wurde, hätte kümmern müssen.

Während am Heldenplatz die große Sause stieg, war beim Waves nichts los. Die dadurch entstandenen finanziellen Einbußen stellten das 2011 ins Leben gerufene Showcase-Festival vor eine Herausforderung. "Nach den schlechten Zuschauerzahlen waren wir angeschlagen. Dann hat uns auch noch ein wichtiger Sponsor abgesagt", resümiert Heher. Trotz aller Probleme gehe er zuversichtlich ins neue Jahr. Die neue Ausgabe des Waves findet zum ersten Mal im WUK und Umgebung statt – zu entdecken gibt es bis Sonntag 100 Acts auf acht Bühnen.

KURIER: Warum kehrt man dem ersten Bezirk den Rücken?
Thomas Heher:
Erstens waren die Spielstätten zu weit voneinander entfernt. Zweitens hat die Bezirksvorstehung alles dafür getan, um uns das Leben schwer zu machen. Ladezonen und Einfahrtsgenehmigungen für den Shuttlebus nach Bratislava wurden ohne Begründung verweigert. Man wollte einfach nicht, dass das Waves dort stattfindet. Mit dem WUK und dem 9. Bezirk funktioniert die Zusammenarbeit wesentlich besser. Wir werden toll unterstützt und bekommen sogar im alten Bezirksamt den Festsaal zur Verfügung gestellt.

Das Waves wird als "Entdecker-Festival" bezeichnet. Wie groß ist das Interesse für neue Musik?
Das Interesse ist größer geworden. Die Leute werden neugieriger, lassen sich gerne auch mal überraschen. Generell muss man sagen, dass es im Bereich Musik auch wesentlich mehr zu entdecken gibt, als noch vor ein paar Jahren. Das liegt an der gestiegenen Anzahl von Konzerten und Festivals. Dadurch hat sich aber auch die Konkurrenz verschärft. Mit dem Ergebnis, das diesen Sommer einige Festivals aufgrund von schlechten Vorverkaufszahlen abgesagt werden mussten. Es gibt im Moment einfach zu viel Angebot für zu wenig Publikum. Man muss in dieser Debatte aber auch eines berücksichtigen: Die Gäste aus dem unmittelbaren Ausland bleiben zunehmend aus. Denn mittlerweile gibt es in diesen Ländern auch viel Angebot.

Das Waves Bratislava findet heuer nicht mehr statt. Warum?
Wir haben das Waves Bratislava nicht selber veranstaltet. Das hat ein slowakisches Unternehmen für uns gemacht. Es sieht so aus, dass diese Firma zahlungsunfähig ist. Sie schulden vielen Menschen Geld – auch uns. Wir haben ihnen daher die Lizenz entzogen. Es gibt nun Gespräche mit anderen Veranstaltern. Was dabei herauskommt, kann ich noch nicht sagen. Klar ist aber, dass es nicht mehr am selben Wochenende wie in Wien stattfinden wird. Das hat sich nicht bewährt. Es sind nur wenige Menschen zwischen Wien und Bratislava hin- und hergependelt. Das Publikum will ein Festival der kurzen Wege. Heuer haben wir eine maximale Gehdistanz von sieben Minuten zwischen den einzelnen Spielstätten.

Ist der Anteil an heimischen Bands im Programm mit dem Erfolg von Wanda und Bilderbuch gestiegen?
Nein, das Verhältnis zwischen heimischen und aus dem Ausland stammenden Bands ist seit Jahren gleichbleibend. Der Österreicher-Anteil liegt bei 40 Prozent.

Noch sind Black Honey nicht unter Vertrag. Unbekannt ist das Quartett aus Brighton trotzdem nicht. Die britische Zeitschrift NME unterstützt ihren lustvoll treibenden Sound zwischen Girl-Pop, Shoegazer-Rock und Psychedelic seit einem Jahr. Und die Tageszeitung The Guardian liebt, dass die Truppe um Sängerin Izzy Baxter klingt wie "Lana Del Rey, wenn sie in einer Rockband wäre". Auch die Fans goutieren das: Ohne viel Werbung hat ihr Hit "Madonna" auf Spotify fast zwei Millionen Plays erreicht.

Black Honey (Donnerstag, 23.15 Uhr, Skip Stage im Amtshaus Währing) sind aber nur einer der Newcomer, die man beim heurigen Waves-Festival entdecken kann.

Weitere Highlights am heutigen Eröffnungstag sind der psychedelisch aufgearbeitete Country-Folk von Elsa Tootsie & The Mini Band (21 Uhr, Warm-up Lounge im WUK) und die britische Songwriterin Gemma Ray (0.30 Uhr, WUK Foyer).

Freitagnacht geht es weiter mit Tobias Jundt von der Band Bonaparte und Jose Antonio Garcia Soler, die sich zusammen Mule & Man nennen (23.15 Uhr, Ottakringer Stage/Exner Halle) und gerade ihre erste EP mit düsterem Elektropop veröffentlicht haben. Sehenswert ist auch der arrivierte Reggae-Fusion-Künstler Finlay Quaye (1.45 Uhr im WUK Foyer).

Waves: Kurze Wege, lange Nächte
Credit: kyrasophie. Honorarfrei bei Namensnennung.
Am Samstag kommt dann noch einmal das israelische DuoLola Marsh(23.15 Uhr, Ottakringer Stage/Exner Halle) nach Wien, das sich schon beim "Harvest Of Art" vorstellte.

Nicht versäumen sollte man die Österreicherin Mavie Phoenix (23.15 Uhr, Skip Stage) mit ihrem Hip-Hop-Pop-Sound, die Kanadierin Hannah Epperson (21.15 Uhr, Schubert Theater), die mit ihrer Stimme, Violine und einem Loop-Pedal verträumte Stimmung kreiert, und die US-Indie-Rocker We Are Scientists (1.00 Uhr, WUK Halle).

Info: Alle weiteren Infos zu den Konzerten, den neuen Veranstaltungsorten im 9. Bezirk und den Vorträgen und Panels der Konferenz gibt es unter www.wavescentraleurope.com

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