"Was bin ich eigentlich?"

"Was bin ich eigentlich?"
Kritik: "Meine gottverlassene Aufdringlichkeit" ist der Monolog einer klassischen Vertreterin des neuen Prekariats.

Es hat nichts gebracht, alles richtig gemacht zu haben. Da sitzt die 30-Jährige jetzt in der grindigen Altbauwohnung von der Oma, ein Stöckerl Basilikum auf dem Tisch als Zeichen, dass man in der Bürgerlichkeit verankert ist. Schreibt Texte für Kunstkataloge und träumt von fester Anstellung und Beziehung. Das wird wohl nichts.

„Meine gottverlassene Aufdringlichkeit“ des 34-jährigen bayrischen Dramatikers Christoph Nussbaumeder ist der Monolog einer klassischen Vertreterin des neuen Prekariats: Studiert, absolviert, abserviert. „Wie anstrengend es doch ist, wenn einem alles offen steht.“ Die nicht mehr ganz junge Frau (Katja Kolm) quält sich mit Aushilfsjobs durch den Tag. Zu mehr hat ihr Studium – fast schon eine Karikatur: Kunstgeschichte – nicht gereicht. „Hätt’ ich bloß ein Handwerk gelernt“.

Sie unterbricht die Arbeit immer wieder, prokrastiniert, macht alles, außer ihrer Arbeit. Erzählt von gescheiterten Beziehungen und ihrer Sehnsucht nach Alltag.Vom Vater, der sich erwartet, dass sie mit ihren unbegrenzten Möglichkeiten gefälligst glücklich wird. Von der Großmutter, die das mit dem Glück sogar hinbekommen hat, trotz Krieg, Armut und Totgeburten.

Nussbaumeder spricht ein Lebensgefühl an: Auch als Teil der akademischen Elite bist du heute weit entfernt, deinen Weg zu machen.Geistige Arbeit zählt nichts.„Was bin ich eigentlich? So was nennt man Freiberufler.“

Der wunderbaren Katja Kolm sowie der Regie von Daniela Kranz ist zu verdanken, dass der 50-minütige Monolog nicht selbstmitleidig wird. Stellenweise sogar absurd komisch. Etwa, wenn die Frau am Klavier klimpert und einen Konstantin-Wecker-Song brüllt: „Wenn der Sommer nicht mehr weit ist.“

KURIER-Wertung: **** von *****

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