"War Requiem": Ein Höhepunkt der Festspiele

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Benjamin Brittens "War Requiem" überzeugte in Traumbesetzung im Großen Salzburger Haus.

Es gibt künstlerisch nur Positives zu berichten. Und der einzige Einwand, der der Rede wert ist, betrifft das starke Licht, mit dem das Publikum das gesamte Konzert hindurch angestrahlt wurde: Muss man wirklich für die TV-Aufzeichnung Besuchern derart ins Gesicht leuchten?

Aber bleiben wir bei der Musik, bei einer berückend schönen und traurigen, von der etwa Thomas Hampson überzeugt ist, sie zähle als Komposition zu den wichtigsten der Musikgeschichte. Auf dem Programm: Benjamin Brittens „War Requiem“.

Der englische Komponist, der vor 100 Jahren geboren wurde, hatte diese Totenmesse für die 1962 fertiggestellte neue Kathedrale von Coventry geschrieben – die alte war von den Deutschen im Krieg zerstört worden.

Für diese wohl ewig gültige Warnung vor der zerstörerischen Kraft des Krieges, für dieses Gedenken an die Opfer, für diesen pazifistischen Aufruf verwendete er lateinische Texte der „Missa pro Defunctis“ sowie Gedichte des 1918 gefallenen Wilfred Owen. Es gibt ein großes Orchester, dazu Kammerorchester, Kinderchor, großen Chor sowie drei Solisten. Trotz dieser gigantischen Besetzung ist das „War Requiem“ ein höchst sensibles, flehentliches, in vielen Momenten leises Werk. Bei den Salzburger Festspielen wurde die Aufführung zu einem künstlerischen Höhepunkt, der am 8. September in Ö 1 nachzuhören und zu Allerheiligen in ORF 2 nachzusehen ist.

Salzburger Startreff

Verantwortlich für diesen Erfolg waren alle Beteiligten: Antonio Pappano als präziser, intensiver Gestalter am Pult des Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia; die fabelhaften, Pappano jeden Wunsch von seinen Bewegungen ablesenden Damen und Herren Musiker; der bestens einstudierte Chor von Santa Cecilia; der Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor, der, hinter der Bühne platziert, für sphärische Klänge sorgte; sowie die denkbar besten Solisten.

Anna Netrebko bestach bei den lateinischen Texten mit ihrem dunklen, kraftvollen Sopran; sie trug ein Stirnband und ein weißes Kleid, was sie optisch zu einer Mischung aus Engel und Winnetous Schwester Nscho-Tschi machte. Ian Bostridge, der Tenor mit dem Traum-Timbre und der atemberaubenden Klarheit, gestaltete die englischen Gedichte; gemeinsam mit Thomas Hampson, dem zutiefst berührenden, in diesem Fach konkurrenzlosen Bariton. Jeder Solist eine Idealbesetzung – so stellt man sich Festspiele vor.

KURIER-Wertung: ***** von *****

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