Vor Ende: Ansturm auf Liechtenstein Museum

Vor Ende: Ansturm auf Liechtenstein Museum
Das Wiener Museum am Alsergrund beendet seinen regulären Betrieb Ende des Jahres. Man beteuert aber: "Wir sperren nicht zu"

Scheinbar endlos lange Warteschlangen haben sich am Freitagvormittag an der Kasse des Wiener Liechtenstein Museums gebildet. Das Publikum schien von den fürstlichen Kunstschätzen Abschied nehmen zu wollen - auch wenn es nicht im engeren Sinne die letzte Chance ist. Der Kunsttempel am Alsergrund schließt zwar für den klassischen täglichen Betrieb die Pforten, die Öffentlichkeit hat aber weiterhin die Möglichkeit, Meisterwerke von Rubens oder das wohl teuerste Möbelstück der Welt zu bestaunen.

"Wir sperren nicht zu", betonte Sprecherin Julia Holter gegenüber der Austria Presseagentur (APA). Zwar wird der Fokus auf Veranstaltungen gelegt und die täglichen Öffnungszeiten gestrichen, regelmäßige Führungen und Besichtigungen sollen aber weiterhin auf dem Programm stehen - erstmals am 27. Jänner. Entgegen der Befürchtung einiger Anrainer wird auch die Möglichkeit bestehenbleiben, durch den malerischen fürstlichen Garten zu lustwandeln. Konkrete Pläne gibt es vorerst wenige, man "tüftelt" noch an einer idealen Publikumspolitik und den entsprechenden Rahmenbedingungen. Viele Kunstfreunde wären derzeit verunsichert, weil in den Medien der Eindruck vermittelt worden sei, dass ihnen ein Zugang ab 2012 völlig verwehrt werde, bedauerte Holter.

Andrang schon am Vormittag

Vielleicht hat ja auch das klassische Museumswetter dazu beigetragen, dass die Kunstfreunde just am letzten Tag des regulären Betriebs ihren Lieblingsexponaten noch einen Besuch abstatten wollten - jedenfalls war der Andrang schon am Vormittag enorm. Um die 500 dürften bis etwa 12 Uhr durch die ehrwürdigen Räumlichkeiten flaniert sein, schätzte Holter auf APA-Nachfrage. "Im letzten Moment tut es dann offensichtlich doch vielen leid". Das klassische Museumspublikum ist zwar jenseits der Vierzig, heute haben sich aber auch einige Kinder und Jugendliche eingefunden.

Eine ältere Dame ließ sich von der Wartezeit dann doch abschrecken: "Eigentlich wollte ich noch Abschied nehmen." Ihre Tochter, die nur einen Steinwurf entfernt wohnt, war schon da, erzählte sie. Die beiden haben sich fest vorgenommen, wieder zu kommen, wenn sich die Gelegenheit ergibt: "Dafür machen wir gerne einen Termin aus". Auch den Garten und das eine oder andere Sonntagskonzert haben sie besucht. Letzteres dürfte vielen sehr fehlen, meinen Mitarbeiter: "Das war ein Fixpunkt". Ebenso wie das Haus für die Angestellten, das eine von ihnen als den "schönsten Arbeitsplatz der Welt" bezeichnete. Sie hat hier sogar den Bund fürs Leben geschlossen.

Die Belegschaft verspürt zwar allem Anschein nach eine gewisse Wehmut, schaut aber neugierig in die Zukunft. Die Betreiber haben nicht nur große Pläne mit dem Haus im 9. Bezirk, sondern auch mit dem barocken Stadtpalais Liechtenstein, das im Frühjahr 2013 runderneuert seine Pfoten öffnen soll. Zu den internen Favoriten im Liechtenstein Museum zählen neben den diversen Rubens-Porträts des Nachwuchses unter anderem das "Badminton Cabinet". Der um 1726 in Florenz gefertigte Schrank gilt mit einem Versteigerungspreis von 24,6 Mio. Euro als das teuerste Möbelstück der Welt. Aber auch die hinterlistig dreinblickenden "Steuereintreiber" des Flamen Quentin Massys oder das nicht allzu attraktive Porträt eines schielenden "Jünglings vor weiter Landschaft" aus dem Jahr 1540 haben es den hauseigenen Experten angetan - vor allem den Damen.

Wer den Adeligen möglichst bald mit eigenen Augen sehen möchte, hat zum Beispiel am Sonntag Gelegenheit: Für das Konzert im Herkulessaal zum Jahresauftakt sind noch Karten verfügbar. Die Wiener Salonsolisten und Sopranistin Judith Halasz geben unter der Leitung von Martin Breinschmid unter anderem Melodien von Johann Strauß, Franz Lehar und Robert Stolz. Selbstverständlich besteht die Möglichkeit, bei dieser Gelegenheit auch den fürstlichen Kunstwerken einen Besuch abzustatten.

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