Viel "Tam-Tam" im Residenztheater

Viel "Tam-Tam" im Residenztheater
Im Münchner Residenztheater feierte das Stück "Eyjafjallajökull-Tam-Tam" am Sonntag Premiere. Als Motto diente: "Mittendrin statt nur dabei!"

Nach einer Stunde ungefähr eroberte sich Stefan Konarske ein Mikrofon, um hineinzugrölen. "Nicht jedes Geistesprodukt ist beglückend." Die Worte "geschüttelte Hirnscheiße" fielen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Auch wenn es von einigen schon nicht mehr gehört wurde.

Das erste Publikumspaar verließ den Abend, der um 20 Uhr begonnen hatte, nämlich um 20.15 Uhr. Andere unterhielten sich in einer zur "VIP Lounge" umfunktionierten Bar über den Sommerurlaub...

Mittendrin statt nur dabei!

Martin Kušej, neuer Intendant des Münchner Residenztheaters, legte die letzte Premiere seines Eröffnungswochenendes in die Hände von Autor Helmut Krausser und Regisseur Robert Lehniger. "Eyjafjallajökull-Tam-Tam" heißt das Stück, das die beiden im Marstall zur Uraufführung brachten.

Eine Mischung aus Achtzigerjahre-Anagitiertheater und "Alma" für Ärmere.
Die Anmutung: 2010 legte der Vulkan den europäischen Flugverkehr mit einer gigantischen Aschewolke lahm. Nun sollte also einem dramatischen Personal dabei zugesehen werden, wie es Nerven, Geheimnisse und seinen Kleingeist bloßlegt. Das Publikum bei dieser Stehparty: Mittendrin statt nur dabei!

Der Einlass war die Sicherheitsschranke zum "Flughafen", dann teilte sich das Ganze in zwei Räume und lange Gänge, wo man "Bodenpersonal" und "Fluggästen" beim Tam-Tam zuschauen und auch mitmachen durfte. Mit Rempeln und Fluchen und zunehmend verarschenden Zwischenfragen an die tapferen Darsteller.

Dass keine Stimmung aufkam, lag an der konfusen Diffusion der Sache. Da trug irgendwo ein Pärchen einen Babykonflikt aus; irgendwo anders wanzte sich ein Jungtalent an den Doyen des Ensembles heran; und zuletzt beschlossen alle beim pseudophilosophischen Get Together am Lagerfeuer - welches man auf Flughäfen bekanntlich regelmäßig entzündet - die Herrschaft über den Luftraum in die eigene Hand zu nehmen.

Zu verstehen war wenig, was an den Mikrophonen oder der Akustik oder an der Live-Band gelegen haben mag. Ach ja, Videos gab's überall, sogar am Häusl, pardon: der Damentoilette, wo darüber diskutiert wurde, ob man "Ficken" sagen darf.

Kušej wollte mit diesem Abend sein Ensemble, alle 55, vorstellen und dem Publikum näher bringen. Das darf als gelungen betrachtet werden: Eine Münchner Zuschauerin hielt einen beliebigen, etwas beleibten Wiener Zuschauer nämlich so beharrlich und so unbeirrt für Nicholas Ofczarek, bis er sagte: Ja, ich bin's.

KURIER-Wertung: **
* von *****

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