Versagende Kontrolle im Burgtheater

Burgchef Matthias Hartmann: Seine Verantwortung wird mit einem weiteren Prüfbericht untersucht.
Der 97-seitige Bericht über die Buchungsvorgänge wurde nun doch veröffentlicht.

Es ist das wichtigste kulturpolitische Thema dieser Tage – und wahrscheinlich der vergangenen Jahre: Der Skandal am Burgtheater, der mit dem Rauswurf von Ex-Geschäftsführerin Silvia Stantejsky ins Rollen gekommen war und mittlerweile auch den Burgtheaterchef Matthias Hartmann in Bedrängnis bringt.

Am Donnerstag hatte Georg Springer, Chef der Bundestheater-Holding und Aufsichtsratsvorsitzender, einen forensischen Prüfbericht über die Finanzgebarung von Stantejsky präsentiert. Unter Berufung auf den Datenschutz aber nur in Auszügen. Seit Montag, 18.50 Uhr, ist nun der ganze, 97 Seiten lange Bericht auf der Homepage bundestheater.at nachzulesen. Allerdings auch teilgeschwärzt. Namentlich erwähnte Personen hätten "ihre Zustimmung zur Veröffentlichung nicht erteilt", heißt es. Für die komplette Veröffentlichung unter Berücksichtigung des Datenschutzes hatten sich zuletzt Kulturminister Josef Ostermayer und auch Georg Springer ausgesprochen. Was ist nun der Langversion zu entnehmen?

Kontrollversagen

Ein wesentliches Schlaglicht auf die organisatorischen Vorgänge in der Burg wirft das Kapitel zum internen Kontrollsystem. Darin lassen die vom Burgtheater beauftragten Prüfer von KPMG kein gutes Haar an den Strukturen des Hauses. Sinngemäß zusammengefasst: Die finanzielle Gebarung lag mehr oder weniger allein in Händen von Stantejsky. Mit gefährlichen Folgen: Sie habe sowohl Vorgesetzte als auch ihr Untergeordnete "nur mit jenen Informationen bedacht, die gerade notwendig waren, um die jeweiligen Aufgaben umzusetzen", schreiben die Prüfer.

Sie halten grundsätzlich fest: "Wird Information ausschließlich nur auf das Notwendigste reduziert, kommt es in den Prozessen zu einer unzureichenden Transparenz und erhöht somit die Wahrscheinlichkeit, dass Fehler (beabsichtigte oder unbeabsichtigte) unentdeckt bleiben." Die "Anforderungen an ein ausgereiftes Kontrollsystem, z.B. durch Funktionstrennung im Bereich der kaufmännischen Direktion, können der Burgtheater GmbH im Ganzen abgesprochen werden", lautet das schonungslose Urteil der Prüfer. Vielmehr sei "durch die Zentralisierung auf die Person Stantejsky genau der umgekehrte Effekt der Fall" gewesen.

Belastet wird in dem Bericht wie schon bekannt vor allem die ehemalige Geschäftsführerin. So ist von "gefälschten Belegen und Vorspiegelung falscher Tatsachen" die Rede. "Aus den beschriebenen Umständen ist ableitbar, dass Frau Stantejsky nicht im Sinne der Geschäftsleitungspflichten gehandelt hat, wie es von einem sorgfältig handelnden Kaufmann zu erwarten ist. Vielmehr ist indiziert, dass das beschriebene Umfeld gewollt war, um Vorgänge zu verschleiern."

Der Schaden, der aus all dem resultiert, dürfte inklusive möglicher Steuernachzahlungen zwischen sieben und acht Millionen Euro liegen. Stantejsky bestreitet alle Vorwürfe, der Fall liegt mittlerweile beim Staatsanwalt.

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