Venedig: Polanski-Premiere ohne Polanski

Venedig: Polanski-Premiere ohne Polanski
Filmfestspiele: Große Stars - von Kate Winslet über Christoph Waltz bis Madonna - tummeln sich am Lido. Doch die Filme bleiben lau.

Roman Polanski ist nicht nach Venedig gekommen. Auch Jodie Foster blieb zu Hause. Dafür strahlte der Rest des hochkarätigen Schauspieler-Ensembles von Polanskis Wettbewerbfilms "Der Gott des Gemetzels" ins Blitzlichtgewitter der Fotografen: Kate Winslet, John C. Reilly und - der Wiener Christoph Waltz, der sich längst leichtfüßig in Hollywoods Ober-Liga der Schauspielkunst bewegt.
Alle drei deklarierten bei der Pressekonferenz einhellig ihre Bewunderung für den abwesenden Polanski - einen Mann, wie Waltz beteuerte, "den ich während der Arbeit schätzen und lieben gelernt habe."

Allerdings geriet "Der Gott des Gemetzels" nicht zu dem großen Wurf, den man sich von einem Polanski gewünscht hätte. Stattdessen servierte er ein kompaktes, streckenweise recht witziges Kammerspiel, das auf dem Erfolgsstück der Theater-Autorin Yasmina Reza beruht. Was in diesem Fall heißt: Vier tollen Schauspielern beim Over-acting in einer boulevardesken Komödie zuzusehen.

Kotzen auf den Kokoschka-Bildband

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Alles fängt sehr zivilisiert an. Zwei Ehepaare treffen sich in einer Brooklyner Wohnung, um einen Konflikt zu besprechen. Der Sohn des einen Paares - gespielt von Winslet und Waltz - hat dem Sohn des anderen Paares - Jodie Foster und John C. Reilly - mit einem Stock ins Gesicht gedroschen. Nun treten die Eltern-Paare zusammen, um mit der Situation umzugehen. Doch alles läuft aus dem Ruder: Die Manieren weichen dem Hass, Alkohol kommt hinzu - und Kate Winselt kotzt über den Kokoschka-Bildband ihrer Gastgeberin.
Dieses Set-Up ergibt immer wieder komische Momente - und besonders Waltz in seiner Rolle des süffisanten Anwaltes produziert gute Lacher. Auch die anderen Schauspieler suhlen sich in ihrer Kunst und stellen das Theaterhafte ihres Spiels
bewusst in den Vordergrund.

Doch was letztlich verhandelt wird, bleibt billige Rhetorik - und das kann man besonders gut an der Figur der Jodie Foster ablesen. Sie ist diejenige, die das Treffen der Eltern forciert, die an die Notwendigkeit glaubt, bei Gewalt unter Kindern einzuschreiten zu müssen. Und ja, sie interessiert sich sogar für die Hungersnöte in Afrika.

Sie ist der klassische "Gutmensch" und "politisch korrekt" - und sie ist natürlich auch die unsympathischste und am wenigsten coole Figur im ganzen Stück. Aber es gehört ja zum guten Ton, "Gutmenschen" als Trantüten hinzustellen - und das hinterlässt einen wirklich schalen Nachgeschmack.

Madonna

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Großen Aufruhr produzierte Popstar Madonna, die mit maskenhafter Schönheit am Lido auftrat und dort - außer Konkurrenz - ihre zweite, unglaublich schwülstige Regie-Arbeit präsentierte: "W. E." erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die völlig besessen von der historischen Figur der Wallis Simpson ist - jener Dame, wegen der der britische Thronfolger Edward VIII. auf seinen Thron verzichtete.
Madonna inszenierte die Schwärmereien ihrer Heldin im luxuriösen New York der Upper-Class - und ihre Bilder sehen aus wie eine einzige Champagner-Werbung: Schick, glatt, teuer - und unendlich leer.

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