Ute Lemper rackert sich beim Tango ab

Ute Lemper rackert sich beim Tango ab
Blut, Schweiß und Tränen mit Ute Lemper und der Astor Piazzolla BandEin Konzert wie ein Kleid. Dunkelrot, eng anliegend, mit langem Schlitz und ein wenig Glitter.

Blut, Schweiß und Tränen mit Ute Lemper und der Astor Piazzolla Band
Ein Konzert wie ein Kleid. Dunkelrot, eng anliegend, mit langem Schlitz und ein wenig Glitter. Auffällig, expressiv, Geschmackssache.

Ihren Fans bescherte Ute Lemper Sonntag im Konzerthaus einen fulminanten Auftritt mit einer Hommage an Astor Piazzolla.

Beträchtlichen Anteil am Erfolg des Abends hatte die wunderbare Band: Das Sextett, zum Teil Mitglieder des ursprünglichen Piazzolla-Orchesters, hat Lemper in Buenos Aires kennengelernt, nun touren sie gemeinsam mit "Lost Tango" und zeigen den Europäern, wie Tango geht.

Vorweg: Dass die große, blonde Deutsche allein aufgrund dieser Tatsachen oft mit Marlene Dietrich verglichen wird, ist nicht ganz schlüssig. Vor deren Kühle hat sie nichts. Von deren Tiefe einiges.

Die für ihre Verhältnisse ungewohnt kurvige 48-Jährige (sie ist im Oktober zum vierten Mal Mutter geworden) beginnt ihren Auftritt präzise, scharf, mit ungeheurer Verve. Lemper, die ihre Karriere mit Musical begann - unter anderem bei "Cats" in Wien - setzt auf großes Kino: Sie seufzt, flüstert, jauchzt, brüllt und imitiert Musikinstrumente. Erzählt von Meeren aus Tränen und gibt überzeugend zu Protokoll: "Le Tango m`a drogué"- "Der Tango hat mich unter Drogen gesetzt".

Die aus Münster stammende Chansoniere singt in vier Sprachen, manchmal vor lauter Begeisterung in jeder davon undeutlich. Was nicht immer ein Nachteil ist, die Texte triefen vor Pathos: Aus dem Elend der Slums fliegen die Vogerln davon und die Huren, die einmal schön waren, sind jetzt Garderobieren. Gut, dass die kantigen Dissonanzen Piazzollas da ein bisschen entschmalzen.

Großartig, berührend aber teilweise auch heikel

Lempers Engagement ist stellenweise großartig und berührend (die Tango-Ballade aus der Dreigroschenoper bewältigt sie überzeugend), manchmal grenzwertig. Man fürchtet sich fast vor ihren Brel-Interpretationen. Lieder wie "Amsterdam" sind ohnehin heikel. Die Befürchtungen werden zum Teil bewahrheitet: Das "R" des "Port" von Amsterdam rollt sie übertrieben, als würde sie die Baufirma mit den zwei "R" im Namen meinen. Dazu irritierender Mitschunkel-Rhythmus. Die Piaf`sche "Padam"- Verve ist eben nur bei Piaf selber erträglich. "Ne me quitte pas" schafft Lemper dafür tief, eindringlich, leise. Sie wird mit Ovationen gefeiert.

KURIER-Wertung: **** von *****

Kommentare