Unglaubliches "Kulturerbe"

Ein Exponat von Damien Hirsts "Treasures from the Wreck of the Unbelievable" in Venedig.
Kommentar: Wir müssen einsehen, dass Kunst im Laufe der Jahrhunderte fast nie "für alle" da war,

Es lebte einst ein unsagbar reicher Mann, der sagenhafte Kunstschätze anhäufte. Erließ sie auf ein Schiff verladen, das kurz darauf sank...

So lautet das Märchen, das Starkünstler Damien Hirst noch bis 3.12. in der Schau "Treasures from the Wreck of the Unbelievable" in Venedig auftischt. Die Schätze und der Sammler sind frei erfunden, trotzdem tut man so, als wären die für Hirsts superreiche Kunden angefertigten Kitschskulpturen Errungenschaften der Antike.

Die real existierenden Scheichs und Mega-Sammler, die in Abu Dhabi und anderswo Museen aus dem Boden stampfen, geben sich zumindest noch Mühe, Werke zu zeigen, die tatsächlich Kunstgeschichte erzählen. Doch die salbungsvollen Worte, die den Inhalt der neuen Museen zum universellen Erbe "der Menschheit" erklären, sind genauso fadenscheinig.

Wir müssen einsehen, dass Kunst im Laufe der Jahrhunderte fast nie "für alle" da war, sondern den Interessen der Mächtigen diente. Auch heute ist sie mehr Komplizin als Kontrapunkt.

In einer Zeit, wo allerorts die Strukturen offensichtlich werden, mit denen es sich die Eliten gemütlich eingerichtet haben, wäre es dennoch voreilig, das aufklärerische Ideal der Teilhabe an Kunst einfach über Bord zu werfen. Anschauen, kritisieren, diskutieren erscheint heute notwendiger denn je. Und natürlich stellt sich die Frage, ob der Staat sich seine Kulturpolitik von Privatinteressen diktieren lässt oder sich schützend vor das Kulturerbe seiner Bürger stellt.

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