Und wie geht's der Malerei?

Nicole Eisenman (*1965), Bloody Orifices, 2005, (Ausschnitt)
Die Schau „Painting 2.0“, demnächst im Wiener mumok, fühlt der Kunstform den Puls.

„How’s My Painting?“ steht auf einem Gemälde von Nicole Eisenman geschrieben. Übersetzt kann der Spruch „Wie gefällt dir mein Bild?“ bedeuten, aber auch: „Wie geht’s meiner Malerei?“

Weniger um die Geschmacksfrage als um die Befindlichkeit der Kunstform geht es in der Ausstellung „Painting 2.0 – Malerei im Informationszeitalter“, in der das Werk hängt – bis 30. April läuft die Schau noch im Museum Brandhorst München, ab 4. Juni dann im Wiener mumok. Es ist ein Versuch, in die Unübersichtlichkeit aktueller Malerei ein wenig Ordnung und Geschichtsbewusstsein einzupflanzen – kein einfaches Unterfangen.

Zu behaupten, die Malerei sei tot, ist heute nicht mehr angebracht: Tatsächlich nutzt eine neue Künstlergeneration das Medium enthusiastisch, während die Vorläufer, die in den 1980ern im Punk-Umfeld groß wurden, den Status von Kunstmarkt-Kaisern genießen. Viel neue Malerei ist allerdings mit dem Stigma des Unoriginellen behaftet – der Kritiker Jerry Saltz sprach von „Zombies an den Wänden“ und popularisierte den Begrif „crap-straction“ („Kackstraktion“).

Zwischen den Stilen

Das Kuratorenteam von „Painting 2.0“ versucht nun, aktuelle Malerei historisch und theoretisch herzuleiten – und findet eine Keimzelle in der „Zwischenphase“ um 1960, als Pop-Art noch nicht ausgeformt und der „Abstrakte Expressionismus“ schon abgefrühstückt war. Yves Klein nutzte damals nackte Frauen als Pinsel, Mimmo Rotella riss Plakate ab und machte Malerei draus, Robert Rauschenberg nutzte die Leinwand als Sammelstelle für Materialien aller Art.

Solche Strategien, besagt eine zentrale These der Schau, prägen die Malerei auch heute wieder: Wo unentwegt Bilder auf uns einprasseln, kann eine Leinwand nicht das Exerzierfeld von expressiven, doch letztlich stets ähnlichen Pinselschwüngen eines Maler-Genies und auch nicht eine Stätte des absoluten Purismus sein; eher ist sie ein Schwamm, der alles aufsaugt, oder ein Treffpunkt für gleich gesinnte Künstlerinnen und Künstler, die ein Bild mitunter auch gemeinsam bearbeiten.

Und wie geht's der Malerei?
Painting 2.0: Malerei im Informationszeitalter Albert Oehlen (*1954), Auch Einer, 1985, Öl und Lack auf Leinwand, 220 x 186 cm, Foto: Lothar Schnepf © Albert Oehlen
So schlüssig das Kuratoren-Team – Manuela Ammer, Achim Hochdörfer und David Joselit – seine Kriterien herleitet, so unschlüssig ist die Schau „Painting 2.0“ allerdings, wenn sie zwischen kunsthistorischer Kanonisierung und der Präsentation aktueller Kunst balancieren will. Einige der Bilder in der Schau sind in der Tat gut „abgehangen“: die wunderbaren Körperbilder von Maria Lassnig aus den 1960ern etwa, oder auch die frühen Werke von Albert Oehlen, der mit seinem röhrenden Hirsch („Auch einer“, 1985, Bild unten) den damals angesagten Neo-Expressionismus als Kitsch anprangerte.

... aber gute Bilder?

Die Fallhöhe von hier zu Arbeiten der jungen Generation, etwa den per Tintenstrahldrucker „bemalten“ Matratzen des Kunstmarktlieblings Wade Guyton oder einem Körperbemalungs-Video des 1979 geborenen Leidy Churchman, ist schon ziemlich hoch.

Und auch wenn niemand explizit daran erinnert, wird deutlich, dass jede Standortbestimmung einem Gezerre von Interessen ausgesetzt ist: Die ihrem Ursprung nach private Sammlung des Unternehmer-Ehepaars Brandhorst – mit Schwerpunkten bei Andy Warhol, Cy Twombly und jüngeren Kunst-Stars – prägt ebenso die Auswahl der Werke wie das mumok, das in seiner jüngeren Geschichte Personen wie Oehlen oder Cosima von Bonin prominent präsentierte. Eine Ausstellung, die in zwanzig Jahren auf die „Malerei des Informationszeitalters“ zurückblickt, wird höchstwahrscheinlich völlig anders aussehen.

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