Turrinis "Rozznjogd" berührt immer noch

Ratten erschießen; Jan Hutter („Er“) und Daniela Golpashin („Sie“)
Kritik. Ein ungestümer, authentischer Abend im Volkstheater.

Damals war es ein Skandal. 1971 wurde Peter Turrinis erstes Stück "Rozznjogd" im Volkstheater uraufgeführt. Die Geschichte zweier jungen Menschen, die sich auf einer Müllhalde näher kommen, in dem sie sich ihrer Habseligkeiten und damit jeglichen Zivilisationsmülls entledigen, empörte und machte Turrini schlagartig bekannt.

43 Jahre später ist es nicht mehr so einfach, einen Theaterskandal hervorzurufen. Nacktheit, derbe Sprache und schon gar nicht Konsumkritik eignen sich dazu.

Doch die nun im Schwarzen Salon des Volkstheaters gezeigte Inszenierung des mittlerweile zum Theaterklassiker gewordenen Einakters macht deutlich:

Die "Rozznjogd" lebt.

Unter der Regie von Philipp Ehmann machen "Er" (Jan Hutter) und "Sie" (Daniela Golpashin) glaubwürdig Seelen-Striptease – auf einem mit Verpackungsmaterial angedeuteten Müllhaufen (Bühne: Tamara Raunjak). Bei jedem Schritt zerplatzen die Bläschen der Plastikplanen hörbar, was zunächst so irritiert wie der künstliche Dialekt, der aus der Zeit gefallen scheint. Inhaltliche Aktualisierungen ("Brad Pitt") hätte man sich sparen können.

Denn die Zeitlosigkeit des Stücks zeigt sich in der Nähe, die sich entwickelt und als aufwühlender, intensiver Abend endet: Die "Rozznjogd" berührt hier mit ungestümer, jugendlicher Authentizität.

KURIER-Wertung:

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