Kunst nahe am Nichts

Was nahe am Nichts ist, kommt auch ohne Titel aus: Jaromir Novotny, Untitled, 2014
"Transparency" in der Galerie Georg Kargl in Wien.

Scrivere sull’ acqua", Schreiben auf Wasser , nannte der Künstler Maurizio Nannucci eine Arbeit im Jahr 1973: Die zwölf Fotos, die im ersten Raum der Gruppenschau "Transparency" in der Wiener Galerie Georg Kargl Fine Arts zu sehen sind, zeigen eine Hand, die sich an der Wasseroberfläche bewegt und – keine Spuren hinterlässt.

Oder doch? Die Wellen im Wasser sind Spuren, die Schwarz-Weiß-Fotografien auch, und so gerät die Bildserie rasch zu einer poetischen Meditation über Kunst und Vergänglichkeit.

Walter Paters Diktum, alle Kunst strebe nach dem Charakter der Musik, kommt dabei in den Sinn.

Nanuccis Werk legt aber auch die Rutsche in eine außergewöhnliche Gruppenausstellung, die um das Motiv der Transparenz und damit um die Frage kreist, wo denn die Grenze zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit denn nun genau verläuft. Die versammelten Künstlerinnen und Künstler loten in den gezeigten Arbeiten Möglichkeiten aus, aus fast nichts etwas zu machen:

Gerwald Rockenschaub gelingt das etwa mit Kuben aus Plexiglas; ein Modell eines begehbaren Pavillons mit semi-transparenten Wänden von Dan Graham, der seinen Besuchern verschiedene Möglichkeiten zur (Selbst-)Reflexion offen lässt, steht unweit davon. Vom großen Hero der Konzeptkunst Joseph Kosuth lehnen vier Glasplatten an der Wand, die aufgedruckten Wörter – "Glass Worlds Materials Described" – lassen verschiedene Deutungen zu.

Individuell

Wo ein Künstler ist, dort ist auch eine Welt, ließe sich angesichts dieses beredten Fastnichts vermuten. Während die zeitgleich im MAK und in der Kunsthalle Wien stattfindende Doppel-Ausstellung "Future Light" (bis 4.10.) eine Festschreibung versucht, was Transparenz in politischer oder ästhetischer Hinsicht zu bedeuten habe, bleibt dies in der Schau bei Kargl individuell offen:

Helge Hinteregger etwa hat seine minimalistischen, mit Kugelschreiberfarbe gemalten Strichmuster auf einen Untergrund von dünnem Tüll aufgebracht, was die Malerei an die Intimität eines Flüstertons heranführt; Nardim Vardag zeigt in einer famosen Kreidezeichnung, wie sich aus verschiedenen Ebenen der (Un)durchsichtigkeit ein Raum, der auch eine Lichtprojektion sein könnte, schaffen lässt.

"Transparency" hält somit eine Vielzahl an Lesarten für das Phänomen der Transparenz bereit, tappt aber nicht in die Falle einer oberflächlichen Aneinanderreihung, die schon bei so manchen "Themen-Ausstellungen " zugeschnappt ist.

InfoBis 14. August. Infos und Öffnungszeiten: www.georgkargl.com

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