"Toni Erdmann": Ein unwiderstehlicher Ritter von tragikomischer Gestalt

Fulminantes Schauspiel: Sandra Hüller und Peter Simonischek 
Peter Simonischek in einem umwerfenden Vater-Tochter-Film von Maren Ade.

Der Film erzählt von einem Vater und einer Tochter, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Winfried ist ein lebenslustiger Musiklehrer, der sein schiefes Spaß-Gebiss immer in seiner Brusttasche parat hat. Die eher kühle und kontrollierte Ines macht als Unternehmensberaterin Karriere und muss sich in der Männerwelt durchsetzen.

Zwei Lebensmodelle und zwei Generationen stehen in diesem Film auf dem Prüfstand. Lange scheint das Geschehen auf Kosten der Tochter zu gehen, während der Vater als rebellischer Alt-68er mit Hang zu abgründigen Rollenspielen die Sympathien des Publikums auf seiner Seite hat. Aber da man über Humor bekanntlich streiten kann, kommt es immer wieder zu Konflikten, wenn die Tochter die Scherze des Vaters nicht erträgt. Als sein alter Hund stirbt, besucht Winfried kurz entschlossen Ines bei ihrem aktuellen Projekt in Rumänien. Doch der unangekündigte Überfall führt zum Eklat. Winfried reist ab – und kommt als " Toni Erdmann" wieder: Mit Scherz-Gebiss, clownesker Perücke und Sonnenbrille sabotiert er allein schon durch sein Erscheinungsbild das berufliche Ansehen der Tochter.

Doch genau diese überdrehte und (vor-)laute Kunstfigur Toni Erdmann schafft es, Ines die Augen zu öffnen: Sie erkennt die Leere ihres Lebens, die grotesken Verhaltensweisen der Businesswelt – und dass sie hin und wieder auch Spaß haben sollte. Am Höhepunkt des filmischen Geschehens kommen den zeitgeistigen Yuppies rund um Ines des Kaisers alte Kleider abhanden und sie feiern in den "neuen Kleidern" eine absurde und vielleicht gerade deshalb allzu menschliche Party. Letztendlich stehen alle nackt da. Und dies buchstäblich.

Test: Gabriele Flossmann.

INFO: D 2016. 162 Min. Von Marion Ade. Mit Peter Simonischek, Sandra Hüller.

KURIER-Wertung:

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