Thielemann: "Fast monogamer" Wagner-Gigant

Christian Thielemann, Stardirigent aus Berlin
Der Stardirigent über Wagners Ring, seine Pläne für Wien und Salzburg und sein löchriges Ehe-Gelübde in Dresden.

Es ist gar nicht so leicht, diesen 'Ring' zum Klingen zu bringen." Das sagt Christian Thielemann. Jener Dirigent, der Wagnerianer an der Wiener Staatsoper gerade in einen Ausnahmezustand versetzt, und der nach dem "Rheingold"-Auftakt frenetisch bejubelt wurde. Heute, Sonntag, folgt die "Walküre", am Mittwoch dirigiert Thielemann dann "Siegfried" und am 13. die "Götterdämmerung".

Und das war's dann. Für lange Zeit. Denn, so Thielemann im KURIER-Interview: "Einen nächsten 'Ring' mache ich erst in der Saison 2017/18. Aber nicht in Wien. Das hat sich einfach so ergeben." Im Wagner-Jahr 2013 (200. Geburtstag des Komponisten) widmet sich der deutsche Stardirigent anderen Wagner-Werken. Etwa dem "Parsifal" bei den Salzburger Osterfestspielen, deren künstlerische Leitung Thielemann nach dem Abgang der Berliner Philharmoniker übernimmt.

Einzigartig

"Hier schließt sich ein Kreis", sagt Thielemann, der einst als Karajan-Assistent in Salzburg begonnen hat. Was er für die Festspiele vorhat? "Salzburg muss künstlerisch wieder einzigartig werden. Natürlich schweben mir gewisse Werke vor. Eine 'Arabella' etwa, die 'Meistersinger von Nürnberg', aber auch 'Cavalleria' und 'Bajazzo' kann ich mir sehr gut vorstellen." Nachsatz: "Doch ich werde in Salzburg sicher keine 'Meistersinger' machen, wenn ich nicht die geeignete Besetzung dafür habe." Lachend: "Aber ich habe den Ehrgeiz, eine solche zu finden."

Thielemann weiter: "Es ist natürlich ein großer Vorteil, dass die Sächsische Staatskapelle Dresden auch während der Saison Oper spielt. Ich werde mich als Chef dieses wunderbaren Orchesters sehr auf das Musiktheater konzentrieren. Denn ein guter Chefdirigent sollte bei seinem Orchester sein."

Heißt das, dass Thielemann seine anderen Verpflichtungen zurückschrauben will? "Sagen wir so: Ich will mich auf Dresden konzentrieren. Denn um fremdzugehen, muss man nicht heiraten. Also bin ich da fast monogam. Mit den Dresdnern werde ich oft im Musikverein gastieren, und die Arbeit mit den Wiener Philharmonikern und an der Staatsoper gebe ich nicht auf."

Schnalzen

Für Wien bedeutet das konkret: Thielemann wird 2014 an fünf Abenden "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss dirigieren. Und er wird in der Saison 2015/'16 eine Premiere leiten. Thielemann: "Wir haben uns auf das Stück geeinigt. Es ist ein Werk, das zu meinem Repertoire passt, das man aber nicht unbedingt mit der Staatsoper assoziiert, das aber Kennern die Zunge schnalzen lässt."

Mit den Wiener Philharmonikern, mit denen Thielemann alle neun Beethoven-Symphonien (ab 18. November als Live-Mitschnitt auf CD bei Sony erhältlich) aufgenommen hat, geht "die Reise weiter. Wir werden alle Schumann-Symphonien gemeinsam machen. Und ich hätte größte Lust, den Beethoven-Zyklus mit den Philharmonikern in Wien zu wiederholen. Das wäre doch ein spannender Vergleich." Keine Vergleichsmöglichkeiten wird es mit Thielemanns Wiener "Ring" geben. "Es war angedacht, die vier Abende auf DVD oder CD mitzuschneiden. Aber es gab hier auch Gegenströmungen. Egal, das ist Kinderkram und für mich abgeschlossen. Aber es ist sehr schade, denn das Orchester hätte dies auch gewollt. "

Und was sagt der Bayreuth-Titan Thielemann zur Bestellung von Frank Castorf als "Ring"-Regisseur 2013? "Ich denke, die beiden Damen (Katharina Wagner, Eva Wagner-Pasquier, Anm.) haben da eine gute Wahl getroffen. Erstens: Wo findet man zwei Jahre davor einen Regisseur, der sich das antut. Zweitens: Ich denke, wir schätzen Castorf falsch ein. Er ist nicht mehr der große Zertrümmerer. Er befindet sich künstlerisch im Wandel. Zumindest hoffe ich das."

Thielemann: Wien, Salzburg, Dresden

Biografie Der gebürtige Berliner zählt zu den bedeutendsten Dirigenten der Gegenwart. Er ist Chef der Sächsischen Staatskapelle Dresden und designierter künstlerischer Leiter der Salzburger Osterfestspiele.

Übertragung Die Aufführungen von "Walküre", "Siegfried" und "Götterdämmerung" werden live aus der Staatsoper auf den Karajan-Platz übertragen.

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