Theatermacher Jerome Savary ist tot

APA2623408-4 - 24072010 - BADEN - ÖSTERREICH: Der französisch-argentinische Regisseur Jerome Savary, am 20. Juli 2010 anlässlich der Fotoprobe von Ferdinand Raimunds Schauspiel "Der Alpenkönig und der Menschenfeind", in der Sommerarena in Baden. Das Schauspiel hatte am 23. Juli 2010 Premiere. APA-FOTO: ANDREAS PESSENLEHNER
Die Theaterlegende Jérôme Savary ist Montagabend mit 70 Jahren in Paris gestorben

Er galt lange Zeit als Enfant terrible des Theaters. Mit seinen sinnlich-zirzensischen Revuen war Jérôme Savary ein Weltenbummler der Fantasie.

1966 gründete er in Frankreich überwiegend mit Laiendarstellern die Kompanie, die zu seinem Markenzeichen werden und ihn international bekannt machen sollte: „Le Grand Magic Circus“.

Mit dem Ruf des polyglotten Bühnenmagiers machte er stets quirliges, lebendiges und nie langweiliges Theater. Meist gewürzt mit Zirkus- und Musical-Eelementen.

Am Montag ist der Regisseur, Intendant und „magicien ordinaire“, wie er sich in seiner Autobiografie selbst titulierte, im Alter von 70 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung in einem Krankenhaus in Paris gestorben.

Vom Jazz geprägt

1942 in Buenos Aires geboren, ging er als 19-Jähriger nach New York und verdiente seinen Lebensunterhalt als Jazz-Trompeter.

Den Saxofonisten Charlie Parker hörte er noch live. „Ich war der Lover seiner zweiten Frau Doris, einer blonden, dünnen Frau“, erzählte Savary. „Sie engagierte mich zum Einparken ihres Autos und zeigte mir Nacktfotos von Charlie Parker. Ein unglaublicher Kerl ...“

Später in Paris schlug sich Savary als Comics-Zeichner, Autor von Foto-Romanen und Chauffeur durch.

Als Theatermann war er prägend: stets optimistisch, unkonventionell und vor allem innovativ. Er hat bei mehr als 300 Stücken Regie geführt und hasste Tragödien, obwohl er behauptete, Komödien zu inszenieren sei viel schwerer.

Inszenierungen

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THEATERFEST NÖ 2012: PREMIERE "DER BAUER ALS MILLI
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„Zauberflöte“

„Wir haben doch genug Tragödie im wirklichen Leben“, sagte er 2009 in einem KURIER-Gespräch. „Ich will nur mehr das machen, was mir Spaß macht. Denn ich bin zu alt, um mich langweilen zu lassen. Ich möchte geliebt und unterhalten werden.“

Und von der Langeweile hatte er eine ganz eigene Vorstellung: „Ich finde, alles, was am Theater länger als zwei Stunden dauert, sollte von Amnesty International verboten werden. Manche Aufführungen sind wirklich Folter.“

Josephine-Baker-Revue

Ob Theater oder Oper, Musical oder Operette, ob „Carmen“, „Der blaue Engel“ oder „Mutter Courage“: Seine Arbeiten waren stets bunt, spritzig, ironisch und hatten Tempo.

Ein großer Erfolg von Jérôme Savary in Österreich war seine Inszenierung von Mozarts „Zauberflöte“ bei den Bregenzer Festspielen 1985. Mit diesem Publikumsrenner begann damals der zweijährige Aufführungszyklus für die Opern auf der Seebühne.

Ins Wiener Ronacher kam er 2009 mit der Josephine-Baker-Hommage „Looking for Josephine“. Von allen seinen Shows der letzten Jahre lag ihm diese Revue, die vor dem ernsten Hintergrund des durch den Hurrikan Katrina zerstörten New Orleans spielt, am meisten am Herzen.

„Sie erzählt von der Geschichte des Jazz und dieser unglaublichen 17-Jährigen, die das Paris der ,Années folles‘ durch ihren Tanz mit dem Bananengürtel als einziges Kleidungsstück revolutionierte.“

Raimund-Trilogie

In den letzten drei Jahren hat Savary in der Sommerarena in Baden bei Wien in einer Kooperation des Landestheaters Niederösterreich drei Stücke von Ferdinand Raimund inszeniert, beginnend mit „Alpenkönig und Menschenfeind“.

Karl Markovics, der Menschenfeind, erzählte darüber: „Der Alpenkönig ist bei uns kein Gott – nicht die salbungsvolle Figur aus dem Zaubertheater oder ein Erlöser. Er ist ein ausgeflippter Cowboy, der mit seiner Anarchotruppe, so einer Mischung aus Flower-Power und Hells Angels, in der Natur herrscht und dort eine Art Parallelgesellschaft aufgebaut hat nach der Devise ,Make love not war’. Und denen läuft dieser besonders spießige Typ über den Weg, der Rappelkopf, den sie auf ihre Seite ziehen wollen.“

Dass Savary mit 58 Jahren noch eine Tochter bekam, empfand er als „Glück und unglaubliche Erfahrung“.

Von 1988 bis 2000 war er in Paris Direktor des Théatre National de Chaillot und bis 2007 Intendant der Pariser Opéra-Comique, eines der zauberhaftesten Opernhäuser Frankreichs und die „pariserischste“ aller Pariser Musikbühnen.

Danach baute er sich in Bézier in Südwestfrankreich, 60 Kilometer von Montpellier entfernt, ein Heim in einer ehemaligen Franziskaner-Abtei, sein eigenes Théâtre des Franciscains, war viel mit seiner Kompanie „Boîte à rêves“ (Kiste voller Träume) unterwegs und sagte: „Ich bin wieder da angelangt, wo ich angefangen habe: ein Gaukler, der über die Straßen zieht.“

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