Theaterförderung Wien: Bunte Szene, bittere Pillen

Erfolg wird bestraft: Der Rabenhof soll laut Jury keine Subventionserhöhung bekommen
Trenklers Tratsch: Die jüngsten Empfehlungen der Wiener Theaterjury sorgen für Entrüstung und Verzweiflung.

Vor ein paar Tagen präsentierte SPÖ-Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny die Empfehlungen der Wiener Theaterjury für die Konzeptförderung 2018–2021. Und seither gärt es in der Szene – nicht ganz grundlos.

In Wien gibt es drei Jurys, die sich mit Einreichungen von Gruppen oder Häusern im szenischen Bereich beschäftigen: das Kuratorium für Theater, Tanz und Performance (Off-Bereich), die Jury fürs Förderprogramm "Shift" und eben die Theaterjury. In allen Gremien sitzt die Dramaturgin Genia Enzelberger – um den Überblick zu wahren. Der Groll richtet sich auch nicht gegen sie, sondern gegen Stephan Rabl.

Rabl, gerne als "Galionsfigur des Kinder- und Jugendtheaters" bezeichnet, gründete das Szene Bunte Wähne Festival, von 2003 bis 2016 war er Intendant des Theaterhauses Dschungel für junges Publikum. Er ist aber nicht nur Mitglied der Theaterjury, sondern auch Sprecher der "Shift"-Jury und neuer Koordinator der Bezirkskultur, weiters hat er beste Kontakte ins Off-Bereich-Kuratorium. Rabl könnte also, wie man in der Szene meint, sehr viel Einfluss darauf haben, was (nicht) gefördert wird.

Anne Aschenbrenner, eine Bloggerin, twitterte kürzlich: "Ist es eigentlich üblich, dass eine Projektförderung an ein Projekt geht, wo der Projektförderungsentscheider im Vorstand sitzt?" Tatsächlich sitzt Rabl als Stellvertreter des Obmanns im Vorstand (oberstes Leitungsorgan) von Szene Bunte Wähne. Raten Sie: Wer soll nun zum ersten Mal eine Vierjahresförderung erhalten? Ja, die Szene Bunte Wähne. Und: Wer soll gegenüber 2015 um 30 Prozent mehr Subvention bekommen? Ja, genau.

Um eine 30 prozentige Erhöhung hatte auch Thomas Gratzer angesucht. Denn die Subvention für den von ihm geleiteten Rabenhof wurde zuletzt vor acht Jahren (auf 900.000 Euro) angehoben. Doch Erfolg beim Publikum wird bestraft: Die Theaterjury empfahl keine Erhöhung für die nächsten vier Jahre. Verbittert ist auch Frederic Lion vom Nestroyhof Hamakom. Er erbat eine Erhöhung auf 600.000 Euro. Denn die bisherigen 440.000 Euro seien für ein Haus mit anspruchsvollen Eigenproduktionen zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig. Die Jury hatte aber kein Einsehen. Zudem sollen die Wiener Wortstätten, mit denen Lion kooperiert, keinen neuen Vierjahresvertrag bekommen.

Und: Die Jury schlug vor, das Theater am Petersplatz wieder als eigenständiges Haus zu führen – für die freie Sprechtheaterszene. Harald Posch und Ali M. Abdullah, die Leiter des Werk X in Meidling, haben kein Problem damit, das Kellertheater abzugeben. Allerdings konnten sie durch Umschichtungen der Subventionen 1,15 Millionen Euro für das Werk X verwenden, in Zukunft wird ihnen nur eine Million zur Verfügung stehen. Und das Koproduktionshaus am Petersplatz soll mit satten 550.000 Euro bedacht werden. Es wird wohl einen Leiter brauchen.

Daher sei Rabl zitiert, der vor einem Jahr im Standard sagte: "Ich denke, die Zeit der Koproduktionshäuser ist vorbei. Das war in den 90ern und Nullerjahren gut, aber heute muss man die Qualität wieder dort suchen, wo etwas von Innen heraus kontinuierlich geformt wird." Das klingt ziemlich plausibel.

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