Wackere Werk-Wiederbelebungsversuche an der Wien

Geben alles: Michael Nagy, Katerina Tretyakova, Angela Denoke (re.)
Regisseur Roland Geyer unternimmt bei Heinrich Marschners selten gespielter Oper "Hans Heiling" den Versuch einer Ehrenrettung.

Wenn sich ein Werk so gar nicht in den Spielplänen der internationalen Opernhäuser behaupten kann, hat das in 90 Prozent der Fälle seine guten Gründe. Dies gilt auch für Heinrich Marschners 1833 uraufgeführte Oper " Hans Heiling", die musikalisch als Bindeglied zwischen Carl Maria von Weber und Richard Wagner zu sehen ist, vom Bayreuther Giganten jedoch letztlich ins Schattendasein gedrängt wurde.

Umso löblicher, dass Intendant Roland Geyer im Theater an der Wien eine Lanze für Marschner bricht und dabei in seiner Funktion als Regisseur die absurd-krude Geschichte (Libretti: Eduard Devrient) in die Gegenwart holt, mit einer gehörigen Portion Psychoanalyse versieht und ein – soweit es die Handlung zulässt – starkes Missbrauchsdrama auf die Bühne bringt.

Keine Geister

Worum geht es? Hans Heiling ist der Sohn der Königin der Erdgeister. Ihn zieht es aber zu den Menschen, bei denen er eine Frau namens Anna für sich gewinnen will, was misslingt. Ein (aufgesetztes) Happy-End gibt es trotzdem: Anna heiratet den von ihr geliebten Konrad, Heiling versöhnt sich mit allen und kehrt zu seiner Mutter und den Geistern in die Unterwelt zurück.

Geister gibt es bei Geyers zweiter Regiearbeit an der Wien glücklicherweise keine, dafür ein durchaus stringent und sicher aufbereitetes Mutter-Sohn-Drama. Heiling versucht hier, seiner dominanten Mutter, die ihn noch dazu sexuell missbraucht, zu entkommen. Das aber muss aufgrund der gestörten Psyche misslingen. Am Ende tötet Heiling seinen Nebenbuhler Konrad, landet im Gefängnis und begeht dort Selbstmord. Das glückliche Ende – nur eine Wahnvorstellung.

Das alles läuft in Herbert Murauers wandelbarem Ziegelmauer-Bühnenbild (Kostüme: Sibylle Gädeke) souverän-heutig ab; am Pult des sicheren ORF Radio-Symphonieorchesters Wien ist Constantin Trinks der Musik Marschners ein braver Anwalt. Dass sich – neben starken Szenen – einige Längen und Leerläufe einschleichen, ist dem Werk geschuldet. Daran kann auch der sehr geforderte, in Bestform agierende Arnold Schoenberg Chor (Leitung: Erwin Ortner) nur bedingt etwas ändern.

Gesungen und gespielt wird auf hohem Niveau, vor allem von der wunderbaren, präsenten, vokal überragenden Angela Denoke als Heilings Mutter, die das Zentrum der Produktion bildet. Michael Nagy gibt den Heiling mit schönem Bariton; die Sopranistin Katerina Tretyakova ist eine liebliche Anna. Peter Sonn (Konrad) sowie Stephanie Houtzeel bewältigen ihre Partien gut. Einhelliger Applaus für eine Ehrenrettung, die dennoch zu keiner Marschner-Renaissance führen dürfte.

KURIER-Wertung:

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