The King's Speech: Sprachlos schön

The King's Speech: Sprachlos schön
In den Wiener Kammerspielen brillieren Michael Dangl und Toni Slama in "The King’s Speech". Die Josefstadt hat zurzeit einen Lauf.

Die Standing Ovations zum Schluss galten zu Recht den Hauptdarstellern: Michael Dangl als stotternder Prinz Bertie und Toni Slama als dessen Sprachtherapeut Lionel Logue. Vor allem Ersterer beeindruckt mit seiner Charakterstudie des späteren britischen Königs George VI., Vater der Queen, dass einem beinah so die Sprache wegbleibt, wie der von ihm dargestellten Figur. Wie leicht könnte ein Stotterer zur Karikatur werden. Dangl meistert die Übung mit Bravour.

Es war kein geringes Wagnis des Theaters in der Josefstadt, den vierfach Oscar-gekrönten Film "The King’s Speech" (mit Colin Firth und Geoffrey Rush) auf die Bühne der Kammerspiele zu heben. Die Inszenierung von Michael Gampe braucht den Vergleich nicht zu scheuen. Denn Gampe arbeitet aus dem Stoff von Autor David Seidler (siehe Seite 28) neue, allerfeinste Nuancen heraus.

Die Geschichte

Prinz Bertie, Nummer zwei der Thronfolge, kämpft bei Ansprachen mit peinlichen Aussetzern. Auf Betreiben seiner Frau Elisabeth – besser bekannt als Queen Mum – versucht er sein Handicap mit einem Lehrer (der ein verkrachter Schauspieler ist) in den Griff zu kriegen. Sein Vater stirbt.

Sein Bruder Edward wird König. Muss aber wegen seiner Liaison mit Wallis Simpson abdanken. Nachfolger Bertie soll nach der Kriegserklärung an Hitler eine Rede an die Nation halten...

Gampe führt seine Schauspieler sicher und elegant über den schmalen Grad zwischen dem trockenen Humor der Textvorlage und der Verzweiflung der Figuren.

Dangl verschluckt sich buchstäblich am Zorn, zwischen dem strengen Vater George V. (Erich Schleyer) und dem spottenden, schnöseligen Salonlöwen Edward (starke Leistung von Nicolaus Hagg) eingezwängt zu sein.

Gampe arbeitet Edwards Hingabe ans Hakenkreuz – den historisch wahren Grund für den von Churchill (Siegfried Walther: dem Original auch optisch sehr ähnlich) erzwungenen Thronverzicht – stärker heraus, als der Film.

Scheitern an Königen

Toni Slama legt Lionel Logue als erdigen Australier an, der nie ein Hehl daraus macht, dass er in Bertie den besseren König, den einzig möglichen Widerpart gegen das Dritte Reich sieht. Er ist kein Gentleman, sondern die Stimme aus dem Volk. Wie Slama ihn bei "Vorsprechen" immer wieder an Königsrollen von Richard III. bis Lear scheitern lässt, lässt Logues eigene Tragödie, nie als Mime reüssiert zu haben, erkennen.

Halt geben ihren Männern Alexandra Krismer als Elisabeth und Therese Lohner als Myrtle Logue. Das Ensemble glänzt. Die Josefstadt hat zurzeit einen Lauf.

KURIER-Wertung: ***** von *****

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