"The Disaster Artist": Ungewollt Kult

James Franco als "The Disaster Artist"
James Franco als schlechtester Filmemacher der Welt.

James Franco, Regisseur von und Hauptdarsteller in "The Disaster Artist", erhielt bei der Golden-Globes-Verleihung eine Auszeichnung, wurde bei den Oscarnominierungen jedoch völlig ignoriert. Auch Vanity Fair löschte den Schauspieler vom Cover der jährlichen Hollywood-Ausgabe. Der Grund für das Abblitzen, das der 39-jährige Schauspieler derzeit erlebt, liegt in den Vorwürfen von sexuellen Übergriffen, die fünf Frauen – die meisten davon Francos Schauspielschülerinnen – gegen ihn erhoben haben.

Bevor es zu diesem öffentlichen "Snubbing" kam, galt Francos "The Disaster Artist" jedoch als viel gelobtes Meisterwerk bizarrer Komik. Franco selbst porträtiert einen seltsamen Herren namens Tommy Wiseau, dessen desaströser Film "The Room" von 2003 als schlechtester Film in die Filmgeschichte einging. Wiseau gilt als eine Art Ed Wood der Nullerjahre, dessen Anti-Meisterwerk – bei seiner Premiere eine ungewollte Lachnummer – längst Kultstatus genießt. Bis heute weiß niemand, wie alt er eigentlich ist, woher er kommt und wo er das viele Geld her hatte, mit dem er die ausufernde Produktion finanzierte. Nun kann man gegen Franco sagen was man will, aber als Comedian hat er – wie schon mehrfach bewiesen – echtes Talent: Vom Erscheinungsbild her eine Mischung aus Junkie und Stadtschamane, klingt sein undurchsichtiger Wiseau immer ein wenig so, als wäre er betrunken oder hätte gerade einen leichten Schlaganfall hinter sich.

Talentbefreit

Kein Mensch kann den Akzent verorten, der sich seiner schweren Zunge entwindet. Aber eines ist bald sonnenklar: Wiseau ist, was Schauspiel oder Regie betrifft, völlig talentbefreit. Wenn er im Schauspielworkshop "etwas von sich herzeigen soll", beginnt er herum zu brüllen und mit Sesseln zu werfen. Der einzige, den er beeindruckt, ist sein ebenfalls glückloser Kollege Greg Sestero, auf dessen Erinnerungen auch die Verfilmung von "The Disaster Artist" beruht.

Mit Sestero – gespielt von Francos Bruder Dave – verbindet Wiseau eine innige Männerfreundschaft; und als es mit den Rollen nicht klappt, beschließt Wiseau die Realisierung seines eigenen Films, eines Liebestriangels namens "The Room".

Franco allein schöpft durch sein kongeniales Spiel als Gaga-Regisseur unglaublich viele Lacher ab. Doch abgesehen von der komischen Verkörperung fängt er mit seiner Figur und deren Obsessionen nicht viel an. Wiseau bleibt das rätselhafte Zentrum einer witzigen Film-im-Film-Parodie, die sich aber emotional totzulaufen beginnt; denn Franco kommt ihm trotz meisterhafter Anverwandlung keinen Schritt näher.

INFO: USA 2017. 104 Min. Von und mit James Franco. Mit Dave Franco, Ari Graynor.

KURIER-Wertung:

Mit 127 Jahren ist die kleine Hexe noch zu jung zum Tanzen. Dieses Privileg ist den alten Hexen vorbehalten. Jährlich versammeln sie sich auf dem Blocksberg und treten zum Hexen-Rave an. Als die kleine Hexe versucht, sich heimlich unter die Tänzerinnen zu schmuggeln, wird sie von der bösen Hexe Rupumpel enttarnt. Zur Strafe muss sie das Hexenbuch auswendig lernen.

Karoline Herfurth als kleine Hexe mit verlängerten Nasenspitze ist in Otfried Preußlers Kinderbuchklassiker putzig anzusehen. An ihrer Seite fabuliert der Rabe Abraxas mit Alt-Herren-Stimme seine weisen Ratschläge – wenn ihm nicht die kleine Hexe versehentlich Hasenohren anzaubert.

Michael Schaerer beschränkt seine Spezialeffekte auf das Regnen von Rosinen und einen etwas holprigen Flug auf dem Hexenbesen. Er taucht das pittoreske Leben in Wald und Dorf in magische Märchenfarben und lässt die kleine Hexe viel Gutes tun. Die alten Rokoko-Hexen hingegen werden zunehmend fieser und am Ende so richtig hart bestraft. Doch darüber muss man sich bei Otfried Preußler beschweren.

INFO: D 2018. 103 Min. Von Michael Schaerer. Mit Karoline Herfurth, Suzanne von Borsody.

KURIER-Wertung:

"The Disaster Artist": Ungewollt Kult
Karoline Herfurth und Suzanne von Borsody in "Die kleine Hexe"

Wie eine Geschichte erinnern, die man selbst nicht erlebt hat? Die man nur aus Erzählungen, Filmen, Büchern und Fotos kennt?

Robert Bober, der Urenkel eines polnischen Juden namens Wolf Leib Fränkel, der in Wien lebte und starb, beginnt seine biographische Spurensuche in Wien – und blickt dabei durch die Linse von Max Ophüls: "La Ronde", Ophüls’ Verfilmung von Schnitzlers "Reigen", startet mit einem imaginären Wienbild um 1900, das eindeutig auf einer Studiobühne nachgebaut wurde. Bober bedient sich der fiktiven Konstruktionen einer Stadt, die er nicht nur in Filmen, sondern auch in der Literatur von Zweig, Schnitzler und Joseph Roth findet. Er verwebt seine Lektüren mit historischen (Film-)Aufnahmen und setzt sie mit den Fotos seiner ostjüdischen Verwandten in erzählerische Verbindung.

Gleichzeitig unternimmt er einen Rundgang durch das Wien der Gegenwart, besucht Kaffeehäuser und den Prater. Doch das Wien als Sehnsuchtsort vieler Juden aus der Generation vor der Jahrhundertwende ist nicht mehr zu finden. Dass es vielleicht ohnehin nur in der nostalgischen Erinnerung existierte, das deutet Bober durch einen Verweis auf Bürgermeister Karl Lueger an: Lueger machte aus Wien "die einzige Hauptstadt Europas, die von einer antisemitischen Partei geführt wurde". Allein diese Bemerkung ist im Angesicht der politischen Gegenwart frappierend.

Bobers gefühlsgeladene Memoiren arbeiten sich stark an den bekannten Stationen des Fin-de-Siècle-Wien ab und scheuen nicht den Weg durch touristische Trampelpfade. Doch gerade die konsequente Rückbindung an die eigene Familiengeschichte und das Schicksal von Wolf Leib Fränkel macht aus "Wien vor der Nacht" eine berührend private Erinnerung.

INFO: A/D/F 2016. 73 Minuten. Von und mit Robert Bober.

KURIER-Wertung:

"The Disaster Artist": Ungewollt Kult
Spurensuche auf dem Zentralfriedhof: "Wien vor der Nacht"

Ein mittlerweile vertrautes Szenario im Science-Fiction-Kino: Junge Leute, die sich in einer dystopischen Welt brutalen Auslesekämpfen stellen müssen. Der Film basiert auf dem dritten Teil der Romanserie von James Dashner, die auf Klassiker wie William Goldings "Herr der Fliegen" oder auf die Endzeitreihe "Die Tribute von Panem" anspielt: Jugendliche organisieren sich ihr Überleben ohne Hilfe von Erwachsenen. Mit Computer-Hilfe liefert Wes Balls eine eindrucksvolle Szenerie, vor allem in der Eröffnungssequenz: Eine Autojagd samt Bahnüberfall, quer durch eine Wüstenlandschaft, deren grelle Intensität an "Mad Max: Fury Road" erinnert.

Positiv zu vermerken sind auch die starken Frauen, die im "Maze Runner"-Universum eine wichtige Rolle spielen. Balls Entwurf einer Zukunft, in der das Überleben von der Anpassungsfähigkeit an extrem widrige Umstände abhängt, hat durchaus einen bitteren Beigeschmack. In diesem Teil soll ein Gegenmittel für den tödlichen Virus gefunden werden, der Menschen in tollwütige Bestien verwandelt. Eine Gruppe von Wissenschaftlern und ein Polizei-Team versuchen ihre "Last City" unter Kontrolle zu halten. Sie kidnappen Kinder, um herauszufinden, wer von ihnen immun ist. Aus ihnen wollen sie ein Serum destillieren, das die Ausbreitung der Zombieplage verhindert.

Die Folge sind wilde Schießereien, akrobatische Nahkämpfe und todesmutige Sprünge – sowohl physisch als auch im Glauben. Und wenn man endlich denkt: Die Guten haben gesiegt! – Dann schwillt die Filmmusik zu einem neuerlichen Crescendo an und signalisiert: Noch gilt es einiges zu erklären – was am Ende dann doch nicht schlüssig erklärbar ist.

Text: Gabriele Flossmann

INFO: USA 2018. 144 Min. Von Wes Ball. Mit Dylan O’Brien.

KURIER-Wertung:

"The Disaster Artist": Ungewollt Kult
"Maze Runner - Die Auserwählten in der Todeszone"

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