TAG: Canettis "Blendung" als Bühnengroteske

Von links: Elisabeth Veit, Georg Schubert, Petra Strasser, Jens Claßen.
Das Theater an der Gumpendorfer Straße (TAG) brachte Elias Canettis Roman "Die Blendung" auf die Bühne.

Dramatisierungen von Romanen oder Filmen bleiben DIE Modeerscheinung im Theaterbetrieb. Laut den Theaterleitern sind sie eine Art Notwehrreaktion: Es gibt zu wenige zugkräftige neue Stücke. Und über den Umweg der Dramatisierung kommt man an große Namen und Stoffe heran.

Das dynamische Theater an der Gumpendorfer Straße (TAG) brachte jetzt Elias Canettis Roman "Die Blendung" auf die Bühne. Für diese Arbeit kehrte Margit Mezgolich an jenes Haus zurück, das sie früher geleitet hatte.

Ihr Ansatz ist brillant: Der Abend wird zunächst als Lesung deklariert und vom Vortragenden ( Jens Claßen) mit Anekdoten angereichert. Aus dieser Lesung wächst eine Bühnenhandlung, in die am Ende der Lesende zu seinem nicht geringen Entsetzen hineingezogen wird – eine schöne Hommage an die Kraft des Erzählens.

Mezgolich erzählt die unglaublich vielschichtige Geschichte des weltfremden, nur von Büchern umgebenen Gelehrten Kien (Alexander Braunshör), den eine Heirat mit seiner vitalen, geldgierigen Haushälterin (Petra Strasser) in den Untergang treibt, sprunghaft, aber nachvollziehbar. Canettis brutale, gnadenlose Komik mündet in die Form der Bühnengroteske. Ein bejubelter, gelungener Abend, der es mit der stummfilmartigen Überzeichnung manchmal zu gut meint.

KURIER-Wertung:

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