Steven Van Zandt: "Trump ist nicht das Problem"

Der Schauspieler und Springsteen-Gitarrist kommt als Solokünstler zum Jazzfest Wien.

"Ich glaube, ich bin noch nie in einer Oper aufgetreten. Das wird ein spezieller Abend!" Steve Van Zandt, als Solo-Künstler Little Steven, freut sich auf seinen Auftritt heute, Freitag, beim Jazzfest Wien in der Staatsoper. Bekannt wurde der 66-jährige Amerikaner als Gitarrist der E Street Band von Bruce Springsteen, der er heute noch angehört. In den 80er-Jahren veröffentlichte er fünf höchst politische Solo-Alben, wobei das Projekt "Sun City" das Ende des Apartheid-Regimes in Südafrika einläutete. Danach wurde Van Zandt zum Star der TV Serien "The Sopranos" und "Lilyhammer". Mit dem Album "Soulfire" setzt er – als Little Steven – jetzt zum Comeback an.

KURIER: Überraschenderweise ist "Soulfire" völlig unpolitisch ...

Steven Van Zandt: Ich sah es als Chance, mich einmal nur auf die Musik zu konzentrieren. Denn als ich in den 80er-Jahren als Little Steven solo Musik machte, war ich extrem politisch, habe jedem Album ein eigenes Thema gegeben und die Musik diesen Inhalten angepasst. Das hat meine Wahrnehmung in der Öffentlichkeit dominiert und sicher von meiner Musik abgelenkt. Aber dadurch wurde das in der Industrie akzeptiert: Heute sind viele Musiker politisch – und keiner wird mehr als der Freak gesehen, der ich damals war.

Dann liegt es nicht daran, dass Sie enttäuscht sind, dass politischer Rock nicht genug verändert hat und die Welt heute eher Rückschritte macht?

Sicher sind wir höchst idealistisch angetreten, dachten wir könnten die Welt für immer zum Besseren verändern. Und natürlich hat sich generell in der Welt nicht viel geändert. Aber ich persönlich bin nicht enttäuscht. Denn mit "Sun City" haben wir eine ganze verdammte Regierung gestürzt! Also waren wir, bei dem was wir gemacht haben, höchst erfolgreich.

Sie haben vermutlich starke Empfindungen in Bezug auf die derzeitige US-Regierung. Mussten Sie der Versuchung widerstehen, einen politischen Song zu schreiben?

Ehrlich gesagt nein, denn heute ist das mit Trump so offensichtlich. Der entlarvt sich doch ohnehin selbst jeden Tag. Ronald Reagan damals war dagegen ein Gott für alle, konnte nichts falsch machen. Er war auch mehr der Gentleman, eine viel niveauvollere Person. Das hat viel von den schlimmen Dingen, die die Leute um ihn herum gemacht haben, verschleiert. Also war es für mich sehr wichtig, dies, so gut ich konnte, an die Öffentlichkeit zu bringen. Denn es liegt eine Macht darin, in einer universellen Art zu kummunizieren – was Musik tut. Dieses Potenzial wollte ich nützen. Über Trump weiß jetzt jeder Bescheid. Und der ist auch gar nicht das Problem.

Wieso glauben Sie das?

Das Problem sind die Republikaner. Trump ist wichtig, weil er diese Partei repräsentiert. Aber die sind zu einer Art Fußballteam verkommen, das nichts anderes mehr im Sinn hat, als zu gewinnen. Sie kümmern sich nicht mehr um das Land, tragen nichts Konstruktives mehr bei. Ihre Philosophie ist schon lange nicht mehr amerikanisch. Gleichheit für alle, für Frauen, Schwule und Lesben, ist ein essenzieller Teil des amerikanischen Selbstverständnisses. Aber sie sind dagegen. Und sie sind gegen die Umwelt. Wie kann man da dagegen sein? Wir alle atmen dieselbe Luft und trinken dasselbe Wasser. Haben die alle keine Kinder? Sind sie denn komplett verrückt?

Sie sagten, Sie waren in den 80er-Jahren "extrem" in Ihrer politischen Mission. Wie kam es dazu?

Ich war mit Bruce auf Tour. Wir hatten gerade mit "The River" den internationalen Durchbruch geschafft und waren das erste Mal in Deutschland unterwegs. Dort kam ein Teenager auf mich zu und fragte: "Warum stellt ihr in meinem Land Raketen auf?" Ich sagte: "Ich bin nur der Gitarrist, ich weiß nichts von Raketen." Danach begann ich darüber nachzudenken, was es bedeutet, ein Amerikaner zu sein. Ich habe die außenpolitische Geschichte meines Landes seit dem Zweiten Weltkrieg studiert und war schockiert: Darüber, wie wir dubiose Leute rund um die Welt unterstützten. Darüber, dass wir absolut nicht die Helden der Demokratie waren, für die ich uns bis dahin gehalten hatte. Darüber, dass wir weit entfernt von den großartigen Ideen unserer Gründerväter waren.

Stimmt es, dass Sie null Erfahrung als Schauspieler hatten, als Sie mit "The Sopranos" begannen?

Das ist richtig. Produzent David Chase rief mich an und sagte: "Willst du in meiner neuen TV-Show sein?" Ich: "Nein, eigentlich nicht. Ich bin Musiker und kein Schauspieler." Daraufhin er: "Du bist ein Schauspieler, du weißt es nur noch nicht." Weil ich nichts Besseres zu tun hatte, habe ich mitgemacht. Aber es war wunderbar, ein neues Handwerk und Talent zu entdecken. Und es ist auch nicht bei der Schauspielerei geblieben. Mit der Serie "Lilyhammer" habe ich dann auch für das Fernsehen geschrieben und produziert. Und bei der letzten Folge habe ich auch noch Regie geführt.

Sie sind seit Teenager-Tagen eng mit Bruce Springsteen befreundet. Was schätzen Sie an ihm an meisten?

Er ist aufrichtig, zielstrebig, gerecht und unbeirrbar. Er hat eine unermüdliche Energie und Ausdauer, die aus seiner Liebe zur Musik entsteht. Und er hat diese hohen Standards immer gehalten, auch wenn es nicht notwendig war. Er schreibt immer noch großartige Songs und ist mit all dem eine konstante Inspiration für mich.

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