Stephen Kings "Der dunkle Turm": Monster, Magie und Mutanten

Idris Elba und Matthew Mcconaughey
Stephen Kings Monumentalwerk als rasanter Fantasy-Film.

Monster, Magie und Mutanten bestimmen das Geschehen des Monumentalwerks "Der dunkle Turm", das zu erzählen Stephen King in drei Jahrzehnten insgesamt 5000 Buchseiten vollschrieb. Die aktuelle Verfilmung kommt mit knappen 95 Minuten aus und legte vielleicht deshalb in den USA eben erst einen eher enttäuschenden Start hin. Die Handlung ist in dieser Kürze zwar überschaubarer – die Fans der achtbändigen Roman-Serie werden trotzdem enttäuscht sein. Die Geschichte des Revolvermanns Roland Deschain von Gilead, der in einer postapokalyptischen Welt die Zerstörung des "Dunklen Turms" verhinderen will, weil er das Universum im Innersten zusammenhält, braucht die epische Breite der literarischen Vorlage. King erzählt sie als bizarre Mischung aus "Herr der Ringe" und "Mad Max", aus "Star Wars" und "Harry Potter" – mit Anleihen aus dem Spagetthi-Western-Genre.

Was eingefleischte Fans ebenfalls an dieser Verfilmung zweifeln lässt: Nur wenige der King-Romane sind überzeugend fürs Kino adaptiert worden. Die Bandbreite reicht von Meisterwerken wie "Shining" und "Christine", denen die Regisseure Stanley Kubrick und John Carpenter ihren Stil aufprägten, bis hin zu schleißigen B-Movies wie "Der Rasenmähermann". Gespalten waren die Reaktionen auf Stephen King immer schon. Für Kunstfilm-affine Rezensenten und Literaturkritiker waren seine Werke lange Jahre nur Auswüchse der Unterhaltungsindustrie. Für seine Fans ist und bleibt Stephen der King des Horror-Genres.

Die Unterstellung, er beschäftige ein Heer von Ghostwritern oder Schreibcomputern, weil einer allein so viele Werke gar nicht allein schreiben könne, kratzt King nicht. Er kontrastiert harmlos erscheinende Alltagsszenen mit dem hereinbrechenden Horror unserer Zeit und schafft damit seinen eigenen Kosmos. Und er füllt mit seinen abgründigen Geschichten offenbar eine Leerstelle, die das Zusammenbrechen der Religion hinterlassen hat – sofern diese (noch) nicht längst mit fundamentalistischem Aberwitz gefüllt ist.

Als bekennender Moralist stellt King metaphysische Fragen nach Existenz und Tod, nach Verantwortung und Schuld. "Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste, und der Revolvermann folgte ihm". Mit diesem Satz hatte Stephen King 1982 seine düstere Saga begonnen – und seither 40 Millionen Exemplare verkauft.

Videospiel-Optik

Die daraus entstandenen 95 Filmminuten wirken wie ein – optisch fulminantes – Video-Spiel. Vom gewichtigen Endzeit-Spektakel mitten aus dem dunklen Herzen Amerikas, das King intendierte, bleibt wenig übrig. Darüber täuschen auch die guten Schauspieler nicht hinweg. Der britische Schauspieler Idris Elba spielt den gebrochenen Revolverhelden facettenreich, obwohl ihm die rasante Handlung des Blockbusters nur wenig Raum für Entfaltung bietet. Das gilt noch mehr für Matthew McConaughey, der als "Mann in Schwarz" mit fast diabolischer Freude Menschen und Kreaturen ins Verderben stürzt und damit zumindest virtuos den King’schen Grusel-Faktor bedient.

(Von Gabriele Flossmann)

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