Starchoreograf Wayne McGregor: Codes vom Menschen

Eden|Eden von Wayne McGregor
Der britische Starchoreograf zeigt mit "Eden|Eden" erstmals eine Arbeit an der Staatsoper.

Er gilt als "Rockstar des Balletts", choreografiert ebenso für das Londoner Royal Ballet wie für seine eigene 1993 gegründete Compagnie Random Dance/Wayne McGregor. In Hollywood ist er ein gefragter Bewegungsregisseur nicht nur für "Harry Potter"-Filme. Als deklarierter Technik-, Wissenschafts- und Computerfreak lässt er gern neurologische Erkenntnisse in seine Arbeiten einfließen.

Keine Frage, Wayne McGregor ist nicht nur Choreograf, sondern auch ein Philosoph, der den Menschen im 21. Jahrhundert auf seine Zukunftsfähigkeit abklopft. Ab 31. Oktober ist im Rahmen eines dreiteiligen Abends nun mit "Eden|Eden" erstmals ein Werk des gebürtigen Briten an der Staatsoper zu sehen. Eine Annäherung.

KURIER: Ist es wahr, dass Sie durch Filme wie ,Grease’ und ,Saturday Night Fever’ Ihre Liebe zum Tanz entdeckt haben?

Wayne McGregor: Das ist die absolute Wahrheit. Ohne John Travolta und Olivia Newton-John wäre ich heute nicht hier. Ich war acht, als ich die Filme gesehen habe. Und da wusste ich sofort: So etwas will ich auch machen. Nur ging es mir da noch sehr um Disco und lateinamerikanische Tänze. Zum klassischen Ballett bin ich erst über meine Studien gekommen. Obwohl – so klassisch halte ich es dann ja doch nicht.

Eden|Eden entstand im Jahr 2005 für das Stuttgart Ballett und beschäftigt sich mit dem Thema Klonen. Haben Sie im Laufe der Jahre etwas an Ihrer Choreografie verändert?

Nein, das wäre ja furchtbar! Wenn ich eine Arbeit abgeschlossen habe, ist sie auch abgeschlossen. Sie ist genau aus dieser Zeit heraus entstanden. Ich freue mich aber, Eden|Eden hier an der Staatsoper mit den Wiener Tänzern neu einzustudieren. Vom Inhalt her – Adam und Eva, das Paradies und die Kreation eines neuen Paradieses durch Klonen, durch Gentechnik – hat sich nichts geändert. Das Thema ist ja nach wie vor aktuell.

In fast all Ihren Arbeiten geht es um den menschlichen Körper, um bestimmte genetische Bewegungsmuster. Und um die Frage, ob man diese auf eine virtuelle Ebene übertragen kann .

Wir leben im 21. Jahrhundert und sollten uns daher auch den Fragen des 21. Jahrhunderts stellen. Künstliche Intelligenz, Roboter – all das wird uns in Zukunft immer mehr prägen. Die Digitalisierung, die Transformation humaner Codes auf eine virtuelle Ebene; mit diesen Themen beschäftige ich mich gern.

Auch wenn Sie für das eher klassische Royal Ballet arbeiten?

Ich denke, da ist in den letzten Jahren viel passiert. Ich bin seit 2006 Resident Choreographer in London. Das Royal Ballet ist dadurch sicher offener geworden. Auf der anderen Seite profitiert meine eigene Compagnie von der Tradition des Royal Ballet. Alles verschmilzt da sehr schön in einander.

Gilt das auch für die klassischen Kunstformen wie etwa Tanz, Theater, Musik, Literatur oder Bildende Kunst?

Ja, das greift jetzt immer mehr ineinander über. Und das ist auch der logische Weg. Aber es ist für mich nur ein erster Schritt. Die einzelnen Sparten wird es wohl bald so nicht mehr geben. Interessant wird dann sein, wie die Realität und die Virtualität miteinander kommunizieren, was die Wissenschaft dazu beitragen kann. In bin überzeugt: Darin liegt die größte Herausforderung.

Künstliche Intelligenz wird also immer wichtiger?

Die Technik wird immer besser und besser und bestimmt uns schon. Denken Sie etwa an Hollywood. Was da alles möglich ist! Als Movement Director habe ich in diesem Bereich einiges gelernt.

Ist die Arbeit eines Movement Director eine andere, als die eines Choreografen?

Absolut! Ich habe ja auch Musikvideos für Radiohead und die Chemical Brothers gemacht. Dafür habe ich eine Choreografie erstellt. Im Film arbeite ich mit Schauspielern, die vielleicht nicht vom Tanz oder aus der Musik kommen. Da muss ich es schaffen, deren persönliche Bewegungsmuster hervorzubringen und auch umzusetzen. Wir haben ja alle unsere Bewegungscodes in uns.

Denken Sie, dass wir mit all diesen technischen Veränderungen und Utopien eines Tages in der viel zitierten schönen, neuen Welt leben werden?

Ich bin ein Optimist und sage daher ganz klar: Ja!

Britische Choreografen

Unter diesem Titel steht der dreiteilige Abend an der Wiener Staatsoper. Neben „Eden|Eden“ sind auch „Concerto“ von Sir Kenneth MacMillan sowie „Marguerite and Armand“ von Sir Frederick Ashton zu sehen. Ab 31. Oktober im Haus am Ring.

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