Conchita Wurst: Die Gastgeberin

Conchita Wurst: Die Gastgeberin
Conchita Wurst über Tom, den ESC-Sieg und ihre Zukunft.

Es ist ihre Party: Selbstsicher, charmant und immer best dressed ist Conchita die perfekte Gastgeberin für den Song Contest in Wien. Ihr souveräner Auftritt im ersten Semifinale gehörte zu den Höhepunkten der Show – und das will was heißen, angesichts der spektakulären Umgebung.

Im KURIER-Interview erinnert sich die Sängerin noch einmal an ihren großen Moment im Vorjahr und verrät, dass sie eigentlich gar nicht zufrieden war mit ihrem Sieger-Auftritt.

KURIER: Sie haben ein sensationell erfolgreiches Jahr hinter sich. Aber bald gibt es einen neuen ESC-Sieger. Haben Sie Angst vor einem Abstieg?

Man hat nie eine Garantie – gerade im Showbiz. Du kannst Madonna heißen und trotzdem vor den Charts-Platzierungen zittern. Sicher kann ich den ESC gewonnen haben, und das war’s dann. Aber es liegt an uns, man muss halt kontinuierlich arbeiten. Und es wird sicher Jahre geben, die nicht so toll sind. Und dann wieder welche, die besser sind.

Sie treten jetzt öfter mit Kurzhaar und schicken Hosenanzügen auf. Ist das ein erster Versuch, auf ein anderes Image anzusteuern und einer Übersättigung entgegenzuwirken?

Darüber habe ich nicht nachgedacht. Ich bin einfach experimentierfreudig, liebe die Mode und dachte, jetzt will ich mal die Haare kurz haben.

Dann geht es nicht darum, Tom und Conchita, die Ihrer Aussage nach immer mehr verschmelzen, optisch anzunähern?

Es stimmt: Was zu Beginn noch wahnsinnig getrennt war, ist jetzt in vielen Belangen eine Person. Als ich anfing, in der Öffentlichkeit Conchita zu sein, war diese Figur anders angelegt. Ich dachte damals, jetzt bin ich endlich die Person, die ich auf der Bühne sein möchte. Ich habe damit aber auch Erwartungshaltungen nachgegeben. Ich dachte, ich bin ein Drag-Artist, da muss man laut, frech und lustig sein und Witze auf Kosten anderer machen. Das bin ich aber eigentlich nicht und es ist mir auch schwer gefallen. Conchita ist jetzt mehr zu einer Figur geworden, wo ich sagen würde, als Tom würde ich wohl die gleichen Antworten geben – aber dabei nicht so sicher sein.

Ist Tom sanfter als Conchita?

Ich baue mit Conchita ja eine Distanz auf. Ich distanziere mich mit dieser Kunstfigur von Tom, weil ich mich als Conchita unaufhaltbar fühle: Da weiß ich, wer ich bin, wie ich sein möchte, und das macht mich wahnsinnig sicher. Da denke ich: Wenn ich Fehler mache oder Schwachsinn erzähle, ist es authentisch. Als Tom bin ich unsicherer. Deshalb auch der Schritt, eine Kunstfigur zu erschaffen: Ich wollte alles von meinem Leben haben – ein Privatleben und ein Bühnenleben. Ich war als Tom nicht so groß und übertrieben, wie ich es jetzt bin und immer sein wollte. Als Conchita kann ich sagen, das ist meine Meinung! Als Tom würde ich mir Gedanken machen, wie etwas ankommt.

Können Sie sich vorstellen, als Tom zu singen?

Im Moment nicht. Aber man soll niemals nie sagen.

Woran erinnern Sie sich heute, wenn Sie an Ihren Sieg beim ESC denken?

Beim Semifinale war ich wahnsinnig aufgeregt. Aber nicht mehr, als wir ins Finale kamen. Das war für uns – im Vergleich zu vielen anderen ESC-Teilnehmern – schon ein Riesenschritt. Eine absolute Draufgabe. Natürlich war ich aufgeregt – aber auf eine andere Art. Das war mehr ein Genießen.

Sie betonen immer wieder, wie sehr Sie den Rummel um Ihre Person genießen, und das spürt man auch. Aber wird es Ihnen nie zu viel?

Nein, nicht zu viel. Aber ich ich bin selbst meine größte Kritikerin. Ich analysiere alles, was ich tue. Und da fällt es mir dann manchmal schon schwer, zu genießen. Selbst wenn ich einen Auftritt in dem Moment stimmig fand – wenn ich ihn mir nachher anschaue und denke, oh, das war nicht so gut, verschwindet das Genießen. Wie zum Beispiel meine Performance beim ESC. Da dachte ich auch, du hast gewonnen, aber hmm . . .

Wirklich? Was hat Sie daran gestört?

Einmal war ich zu flach, dann wieder zu spitz, und mal hat das Timing nicht gepasst. Das ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits motiviert mich das, andererseits denke ich: "Was mache ich da überhaupt, wenn ich nicht einmal einen Ton halten kann?"

Man hat aber deutlich gespürt, dass Sie wirklich etwas transportierten – was meiner Meinung nach auch der Grund war, dass Sie gewonnen haben.

Das glaube ich ehrlich gesagt auch. Und das lag an diesem Song "Rise Like A Phoenix". Ich kann mich gut erinnern: Es war zwei Monate vor Abgabeschluss. Wir hatten zwei Songs zur Auswahl, lagen super in der Zeit. Dann sagte mein Manager: "Es gibt noch zwei neue Songs!" Ich dachte erst, ich weiß nicht, warum ich die noch anhören sollte, hab’ es aber doch gemacht. Da war dann "Rise Like A Phoenix" dabei, und ich sagte sofort: "Das muss es sein! Stopp. Alles von vorne." Da war ich dann auch kompromisslos. Denn es ist eine Tatsache, dass man das Publikum nicht belügen kann.

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