"Sieben Minuten nach Mitternacht": Gewagte Gratwanderung

Lewis MacDougall konfrontiert sich mit seinen Ängsten
Monster hilft einem vereinsamten Buben.

Ein Monster kann nicht nur Schrecken verbreiten, sondern auch tiefere Einsichten. Das könnten wir im Kino immer wieder erleben. Die bedrohliche Gestalt verkörpert in solchen Fällen die Traumata und Sehnsüchte jener wider, denen es begegnet. So auch in diesem Film, der auf der Romanvorlage "A Monster Calls" von Patrick Ness basiert.

Es ist die Geschichte des 13-jährigen Conor, den die Sorge um seine krebskranke Mutter in eine fast autistisch anmutende Zurückgezogenheit getrieben hat. Mit seinen Ängsten alleingelassen, flüchtet sich Conor in selbstgezeichnete Phantasiewelten. Seine äußerliche Lethargie wirkt auf die Mitschüler geradezu feindselig, und er wird daher in den Pausen oft verprügelt. Das alles geht so lange schlecht, bis das Monster eingreift. Genau sieben Minuten nach Mitternacht hört Conor, wie mit knorriger Stimme sein Name gerufen wird. Die alte Eibe aus dem Kirchhof schaut mit glühend roten Augen durch sein Zimmerfenster und kündigt drei Geschichten an. Jede Nacht, zur exakt gleichen Zeit. In der vierten Nacht soll Conor seine Geschichte erzählen – eine Geschichte, die er bisher nicht einmal zu denken wagte: Über Kindes- und Mutterliebe, über Krankheit und Tod und über die Kraft des Loslassens. Obwohl der spanische Regisseur Juan Antonio Bayonne gar arg auf die Tränendrüse drückt, entfaltet die Geschichte eine starke Kraft. Nicht zuletzt durch die beeindruckende Animation des Baummonsters und das intensive Spiel der Darsteller.

Der Film ist jedenfalls eine gewagte Gratwanderung: Für ein jugendliches Publikum ist er womöglich emotional zu überfordern, für Erwachsene zu märchenhaft.

Text: Gabriele Flossmann

INFO: USA 2016. 109 Min. Von J. A. Bayona. Mit Lewis MacDougall, Sigourney Weaver.

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