Sex! Körper! Kirche!

Schamhaare? Nein, Silvia Bishof hat für das Werk die Nadeln einer Farn-Art auf Harz gebannt. "Das Herz der Welt" heißt das Werk.
Eine Schau in der Wiener Votivkirche missioniert mit zeitgenössischer Kunst.

Sind das Schamhaare, die da aus dem Verkündigungsaltar in der Wiener Votivkirche hervorblitzen? Fast scheint es so, und die Assoziationskette verbindet das Kunstwerk im Altar, das den Titel „Das Herz der Welt“ trägt, rasch mit dem Courbet-Gemälde „Der Ursprung der Welt“, dem Bild mit der offensiv dargestellten Vagina.

Darf man so etwas in einer Kirche zeigen, werden manche fragen, und es ist möglich, dass es Versuche geben wird, die Ausstellung „Leiblichkeit und Sexualität“, die am Freitag, 25. April, eröffnet und bis 15. Juni zu sehen ist, zu skandalisieren.

Dabei ist die Schau, die vom australischen Kurator David Rastas realisiert wurde, eine durchaus katholische Angelegenheit, auch wenn dafür keine Kirchengelder, sondern nur private Spenden flossen. Wenn etwas daran ketzerisch ist, dann am ehesten die Art, wie Rastas die Werke dem reglementierten Umfeld des Kunstbetriebs entreißt und sie – völlig ohne Beschriftungen und Erläuterungen – zur Interpretation freigibt.

Sex! Körper! Kirche!

Sex! Körper! Kirche!

Silvia Bishof, Das Herz der Welt, 2011 (photo by Elmar Bertsch) detail.jpg
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The Birth of Us (boy) 2006-07.jpg
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Anders Krisár, Birth of Us, _wideviewII.jpg
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Mat Collishaw, Auto-immolation, 2010_(photo-by-Klemens-Höfer)_bigview_small.jpg
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Mat Collishaw, Auto-immolation, 2010_(photo-by-Klemens-Höfer)_crop_small.jpg
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Javier Perez, Rosario (Memento Mori), 2008-9 (photo by Lydia Sciri) (3).JPG
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Karmen Frankl, Fliegenglobalisierung, 2013 (photo by Klemens Höfer).jpg

So manchen Kirchenbesuchern wird daher entgehen, dass die Schau einige Starkünstler versammelt, die ihren Aufstieg nicht zuletzt dem Markt verdankten: Damien Hirst etwa, dessen Skulptur eines gehäuteten St. Bartholomäus im Seitenschiff steht; Erwin Wurm, dessen „Kastenmann“ sich im Chorumgang vor einer Marienstatue breitmacht; oder Doug Aitken, dessen Installation „No History“ dazu einlädt, sich selbst und den Kirchenraum in vielen zersplitterten Spiegelungen wahrzunehmen.

Der Papst und der Sex

Rastas – ein Einzelkämpfer, der in Melbourne bereits 2006 eine ähnliche Schau realisierte – bettet diese Werke in einen christlichen Kontext ein: In der „Theologie des Leibes“, die sich auf Papst Johannes Paul II. beruft, geht es darum, Körperlichkeit als etwas Gottgegebenes zu begreifen. Rastas’ Mitstreiter George Elsbett, Mitglied der Kongregation „Legionäre Christi“, liefert in einem Begleitheft Ausführungen dazu.

Bemerkenswert ist, dass sich die Schau auch an das Thema Missbrauch heranwagt: Etwa mit einem „Schrein für die Opfer“, auf den neben Votivbildern Teddybären montiert wurden, oder mit Anders Krisárs Buben-Torso, auf dem Abdrücke einer Erwachsenen-Hand sichtbar sind.
Was der Künstler selbst mit diesem Werk intendierte, bleibt allerdings offen; man könnte sagen, dass die Schau Kunst instrumentalisiert. Das allerdings hat in der Kirche Tradition; hier geschieht es auf ungewöhnliche und ästhetisch reizvolle Weise.

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