Secession: Bilder mit Ironie-Mechanismus

Secession: Bilder mit Ironie-Mechanismus
Versch(r)obene Kunst von Michael Snow und riesige Bilder von Rudolf Stingel sind bis 15. April in der Wiener Secession zu sehen.

Wie soll das abstrakte Gemälde hängen – die Streifen senkrecht oder waagrecht? In Michael Snows Film „SSHTOORRTY“ (2005) bringt ein Mann das Bild einmal nach Hause zu seiner Frau, einmal zu einem Galeristen. Doch die Filmhandlungen sind überblendet, insgesamt sind vier Personen im Raum zu sehen. Die Geschichte wird dabei nie fad: Bei jeder Wiederholung können andere Zusammenhänge zwischen den Strängen hergestellt werden.

Film & Skulptur

Für derlei Experimentalfilme ist Snow (82) berühmt – die Übertragung seiner Ideen auf andere künstlerische Medien, die bis 15. 4. in der Wiener Secession zu sehen ist, vermag allerdings nicht immer zu überzeugen.

Insgesamt sieben „Recent Works“ versuchen, den Blick im Kreis zu lenken, Zeit- und Blickachsen zu verschieben und Gewissheiten über die Beschaffenheit von Materialien auf den Kopf zustellen. Gelungen ist dies etwa im Video „Solar Breath“, das ein seltsames Windphänomen dokumentiert (ein Luftzug lässt darin einen Vorhang so gegen ein offenes Fenster klatschen, als wäre dieses zu).

Die Film-Skulptur „The Corner of Braque & Picasso Streets“, in der ein Echtzeit-Video der Straßenecke vor der Secession auf eine „kubistische“ Aufschichtung weißer Quader fällt, muss das historische Zitat dagegen schon arg bemühen, die Fotoarbeit „Paris de jugement le“ (etwa: „Paris des Urteil das“, 2003) ist nicht viel mehr als ein Herrenwitz für Kunsttheoretiker – wir betrachten drei nackte Frauen, die nackte Frauen im Cézanne-Bild „Die Badenden“ betrachten.

Monumental

Im großen Saal der Secession stellt der Südtiroler Künstler Rudolf Stingel nur drei riesige Bilder aus: Ein fotorealistisches Porträt, das den grauhaarigen Maler versonnen an die Decke starrend zeigt, wird von zwei Relieftafeln flankiert, in denen sich ein historisches Blumen-Ornament ständig wiederholt. Die beabsichtigten Parallelen dieses Arrangements zu Tabernakeln und Altartafeln führen fast zwangsläufig zur Frage, ob man es hier mit Größenwahn oder Ironie zu tun hat. Im Zweifel ist es wohl klüger, fürs Augenzwinkern zu entscheiden.

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