Auch als Bösewicht ist er ein Mensch
Sebastian Koch, Publikumsliebling und deutscher Hollywoodstar, ist heute als Alfred Nobel in "Eine Liebe für den Frieden" zu sehen und am 18. Jänner an der Seite von Bruce Willis in "Stirb langsam 5".
KURIER: Wie haben Sie sich den Alfred Nobel erarbeitet?
Er strahlt in Ihrer Darstellung etwas Redliches aus.
Redlich ist ein gutes Wort für ihn, stimmt. Das hat natürlich auch mit der Zeit zu tun. Die Haltung kommt von innen. Menschen erklären sich durch ihren Gang, durch ihre Körpersprache oft viel mehr als durch das, was sie sagen. Wenn man das Wesen dieses Menschen durchdacht und erforscht hat, ergeben sich die Bewegungen automatisch, und es macht Spaß, sich davon überraschen zu lassen. Die innere Haltung ist die äußere.
Warum haben Sie sich diese Rolle ausgesucht?
Ich mochte diesen Alfred Nobel sofort. Außerdem wollte ich gerne einmal mit Birgit Minichmayr spielen. Hinzu kommt, dass ich vier Jahre nicht für´s deutschsprachige Fernsehen gedreht habe, und es mir wichtig war, mich mal wieder hier zu zeigen. Fernsehen ist einfach nach wie vor ein wichtiges Medium, das sehr viele Menschen erreicht.
Sie haben gerade mit Spielberg einen Film gedreht.
Ja, das hat großen Spaß gemacht.
Ist es etwas anderes, einen Hollywood-Film zu machen?
Ist man das immer noch, nach so vielen Jahren ?
Aber natürlich – er ist ja ohne Zweifel eine lebende Legende. Aber wenn man merkt, da ist ein Draht, geht das auch schnell wieder weg. Und dann arbeitet man einfach zusammen. Auch mit Tom Hanks zu spielen, war für mich etwas Besonderes. Wie entspannt er mit seinem Weltstar-Dasein umgeht, hat mir sehr gefallen.
Sie schaffen es, Ihren Figuren – auch wenn das Bösewichte sind – immer eine nachvollziehbare, menschliche Note zu geben.
Das probiere ich zumindest immer wieder. Es ist das, was mich interessiert: dass Verrücktheit ja nur ein Ver-Rücken von Wahrnehmung der Realität ist. Es geht darum, dass ich eine eigene Welt baue für den jeweiligen Charakter die in sich völlig logisch ist. Je genauer und reicher diese "verrückte " Welt ist, die ich mir ausdenke, desto spannender und merkwürdiger wird dieser Mensch erscheinen. Wir haben ja in unserer Gesellschaft sogenannte Verabredungen was normal ist und was nicht. Aber schon wenn Sie den Kontinent verlassen treffen Sie auf ganz andere Verabredungen, die mit unseren hier vielleicht gar nichts oder nur wenig zu tun haben ...
Haben Sie ein positives Menschenbild?
Trotz allem, ja. Das scheint doch sehr in mir verankert zu sein. Obwohl mir das, wenn ich heute in die Welt blicke, ziemlich verrückt vorkommt ...
Wer ihn vor Kurzem im Theater in der Josefstadt sah, wo er aus Arthur Schnitzlers „Traumnovelle“ las, der konnte sich kaum vorstellen, dass Sebastian Koch ein Weltstar ist. Nicht etwa, weil der deutsche Schauspieler nicht souverän gelesen hätte. Im Gegenteil, er interpretierte Schnitzler wunderbar, streute sogar, immer eine Gratwanderung für einen Deutschen, feine wienerische Nuancen ein. Unter dem Tisch aber, da zeigten seine ruhelosen Beine, wie nervös der Schauspieler war, der Hauptrollen in Oscar-gekrönten Filmen spielte, einst den Liebhaber von Catherine Deneuve gab und zuletzt mit Stephen Spielberg drehte.
Dabei wirkt der Mann, der aussieht, als sei der Drei-Tage-Bart eigens für ihn erfunden worden, immer so unglaublich lässig. Zum Anzug trägt er T-Shirt, die Haare gerne bubenhaft verstrubbelt.
Dass der 52-Jährige mit Hollywood-Erfahrung nach über dreißig Jahren im Filmgeschäft noch Nerven zeigt, macht ihn sympathisch und angreifbar und macht deutlich, welchen Respekt er dem Genre Theater, dem er viele Jahre am Berliner Schiller Theater mit Kollegen wie Ulrich Noethen und Heino Ferch angehörte, zollt.
1986 drehte der aus Karlsruhe gebürtige Absolvent der renommierten Münchner Otto-Falckenberg-Schule seinen ersten Fernsehfilm. „Die Macht des Schicksals“ hieß die „Tatort“-Episode, auf die Thriller und Krimis folgten, und vielleicht war es auch ebendiese Macht des Schicksals, die ihn 1997 zur Rolle des Andreas Baader in Heinrich Breloers Zweiteiler „Todesspiel“ und zu seinem ersten von zwei Grimme-Preisen führte. Es folgten Rollen als Klaus Mann, Richard Oetker, Claus Graf Stauffenberg, Albert Speer oder Jack Londons „Seewolf“. 2006 kam mit dem Oscar für den Stasi-Film „Das Leben der Anderen“ der internationalen Durchbruch, der Stephen Spielberg auf den feschen Deutschen aufmerksam machte. Zeit für heimische Filmproduktionen wie den Alfred Nobel/Berta von Suttner-Film bleibt dennoch – und für ein bisschen zünftiges Theaterlampenfieber auch.
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