Julianne Moore: "Nicht jeder ist ein Superheld"

Julianne Moore (rechts) und Greta Gerwig in „Maggie’s Plan“
Moore spielt jetzt Komödie: "Maggie’s Plan" startet am Freitag. Ein Interview über nordische Akzente, Trennungen und Superhelden.

Es ist selten, dass man Julianne Moore in einer Komödie sieht. Viel öfter erlebt man sie in herzzerreißenden Dramen wie "Still Alice", für das sie einen Oscar erhielt. Dabei ist Julianne Moore, 55, ausgesprochen komödienreif. Das beweist sie in dem vortrefflichen Beziehungslustspiel "Maggie’s Plan" (ab Freitag im Kino), in dem sie ihren Ehemann – gespielt von Ethan Hawke – an Maggie (Greta Gerwig) verliert. Aber nicht für immer.

Ein Gespräch mit Julianne Moore über nordische Akzente, Trennungen und Superhelden.

KURIER: Sie spielen eine exzentrische und kontrollierende New Yorker Uni-Professorin, die von ihrem Mann verlassen wird. Mochten Sie Ihre Figur?

Julianne Moore: Oh ja, sogar sehr. Ich finde übrigens nicht, dass sie besonders kontrollierend ist. Meiner Ansicht nach ist sie einfach ein Triebbündel, das allen Gefühlen freien Lauf lässt. Ich mochte, dass sie so laut und egozentrisch sein kann und trotzdem liebenswert ist: Man weiß immer, woran man bei ihr ist. Außerdem finde ich sie ziemlich witzig, interessant und direkt.

Ihre Figur spricht mit nordischem Akzent. War das wichtig für die Rolle?

Oh ja. Die Regisseurin Rebecca Miller und ich sind schon sehr lange befreundet. Als wir uns über die Figuren unterhielten, sagte sie mir, dass ihr die Idee gefiel, ihren Figuren europäische Wurzeln zu geben. Ihre Mutter war Österreicherin (die Fotografin Inge Morath, Anm.), meine Mutter Schottin, und ich bin sehr vertraut mit dem Gefühl, einen Elternteil zu haben, den andere Kinder als irgendwie seltsam empfinden: Weil sie einen ungewohnten Akzent haben oder Kleidungsstücke tragen, die sonst niemand trägt. Oder rote Haare haben (kichert). Als ich aufwuchs, hatte kein Mensch rote Haare außer meiner Mutter, meinem Bruder und mir. Man war irgendwie anders. Und ich fand, das war eine interessante Art und Weise, die Georgette zu spielen.

Apropos exzentrisch: Muss man das sein als Schauspieler?

Also, ich finde nicht. Meines Erachtens muss man nicht sonderbar werden, um ein guter Schauspieler zu sein. Je älter ich werde, desto mehr will ich ich selbst sein.

Georgette wird für eine jüngere Frau verlassen – eine Klischeesituation. Trotzdem nimmt alles eine unvorhergesehene Wendung. Haben Sie mit der Regisseurin viel darüber geredet?

Oh, absolut. Ich kannte eine Frau, die ihren Mann, mit dem sie Kinder hatte, verließ und mit einem anderen Mann, der ebenfalls Kinder hatte, zusammenkam. Es wurde alles sehr kompliziert, vor allem wegen der Kinder, und irgendwann meinte sie zu mir: "Noch einmal würde ich das nicht machen. Es ist einfach zu hart." (lacht). Rebecca hat diese Geschichte sehr interessiert. Aber so ist es: Auch wenn man glaubt, eine Beziehung hinter sich gelassen zu haben – wenn man Kinder hat, wird man den zugehörigen Mann einfach nicht mehr los. Und diese Idee gefiel uns für den Film: Dass jemand glaubt, seine Beziehung sei beendet, und dahinterkommt, dass es mitnichten so ist.

Es gibt eine unterhaltsame Szene, in der Sie sich mit dem Exmann, gespielt von Ethan Hawke, im Schnee verirren.

Ich liebe diese Szene. Würde ich selbst im Schnee verloren gehen, würde ich mich wohl hinlegen und sterben. Aber ich fand die Idee schon sehr komisch, dass eine Frau mit skandinavischen Wurzeln keine einzige Wintersportart beherrscht. Ich selbst bin übrigens überhaupt nicht sportlich. Für eine Rolle würde ich zwar alles machen, aber im privaten Leben – nein, danke. Unlängst musste ich für einen Dreh wirklich schnell mit dem Auto fahren und dann schleudern. Für die Arbeit kein Problem, aber in Wirklichkeit würde mir das im Traum nicht einfallen.

Was halten Sie denn für die wichtigste Qualität einer Schauspielerin?

Ich glaube, es ist die Empathie. Herauszufinden, wie sich jemand fühlt. Wann immer ich mich auf eine Rolle vorbereite, versuche ich, Menschen nach ihren Gefühlen zu befragen. Das interessiert mich selbst am meisten. Deswegen gehen wir auch ins Kino oder lesen Bücher oder schleudern mit unseren Autos – einfach, weil wir etwas fühlen wollen. Sogar, wenn es etwas Trauriges ist, es ist ein Gefühl – und das ist allemal wert, dass man es durchlebt.

Im Filmgeschäft gibt es bekanntlich nicht sehr viele weibliche Regisseure. War es etwas Besonderes, mit Rebecca Miller zusammenzuarbeiten?

Nun, ich würde gerne glauben, dass Gender eigentlich keine Rolle spielt. Aber gerade "Maggie’s Plan" ist eine sehr spezifische, weibliche Komödie mit einem sehr spezifischen weiblichen Blick. Überhaupt würde sich vieles ändern, wenn es mehr Drehbücher gäbe, die aus einer weiblichen Perspektive erzählen. Die Leute sprechen immer von "starken Frauenrollen" – das finde ich falsch. Es geht darum, dass man Frauenfiguren zeigt – aber die müssen nicht unbedingt stark sein. Nicht jeder ist ein Superheld.

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