Schauspieler Karlheinz Böhm gestorben

epa01108146 (FILE) Austrian Karlheinz Boehm, founder of the aid organisation 'Menschen fuer Menschen' (Humans for Humans), is pictured in Hamburg, 14 August 2007. Boehm receives the Balzan Foundation Peace Prize 2007 for his organisation and its work in Ethiopia. The 79-year-old is honoured for merits in humanity, peace and brotherliness among nations, the Balzan Foundation announced in Milan, Italy, 03 September 2007. The Peace Prize is endowed with 2 million Swiss francs (about 1,2 million euros), the highest endowed peace prize, and is awarded every 3 to 5 years. EPA/SEBASTIAN WIDMANN
Der österreichische Schauspieler starb im Alter von 86 Jahren.

Als Schauspieler erreichte Karlheinz Böhm Mitte der 50er-Jahre als junger Kaiser Franz Joseph an der Seite von Romy Schneider den Höhepunkt seiner Popularität. Die Rolle seines Lebens fand er jedoch in Äthiopien, wo er sich drei Jahrzehnte lang mit seiner Hilfsaktion "Menschen für Menschen" (MfM) engagierte. Nach langer, schwerer Krankheit verstarb er nun 86-jährig in seinem Haus nahe Salzburg.

"Ich habe in Äthiopien meine Heimat gefunden und ich möchte am liebsten eines Tages dort in die Natur zurückkehren, aus der ich gekommen bin", sagte Böhm einmal. Der Wunsch, in Äthiopien zu sterben, ging nicht in Erfüllung. Jedoch der, "eines Tages nicht mehr gebraucht zu werden", wie MfM nach dem Tod ihres großen Gründers in einer Aussendung schrieb. In sechs Projektgebieten habe die äthiopische Bevölkerung bereits die Verantwortung übernommen, mehr als 5 Millionen Menschen würden mittlerweile von Böhms Lebenswerk profitieren.

Schauspieler Karlheinz Böhm gestorben
Former actor and founder of the organization Menschen fuer Menschen (people for people) Karlheinz Boehm kisses his wife Almaz during an award ceremony in Zwentendorf in Lower Austria July 24, 2009. Boehm reiceived the Save The World Award 2009 tonight. REUTERS/Herwig Prammer (AUSTRIA ENTERTAINMENT)
Böhm war bereits seit langer Zeit krank, seine Stiftung führte seit einigen Jahren seine äthiopische Frau Almaz. Im vergangenen Dezember hatte sie den hauptamtlichen Vorstandsvorsitz abgegeben, um sich um ihren schwer kranken Mann zu kümmern. In einer Aussendung der Hilfsorganisation nannte sie ihn "Vorbild und Motivation". Er habe ihr den Glauben geschenkt, dass ein einzelner Mensch sehr viel Positives bewirken kann: "So schwer mich sein Verlust trifft, so sehr gibt mir der Glaube an seine Vision Kraft, sein Lebenswerk weiterzuführen."

Der Sohn eines Dirigenten und einer Sopranistin hatte nach seinem ersten Engagement an der Burg Auftritte am Theater in der Josefstadt sowie Bühnengastspiele in München, Frankfurt, Berlin und Zürich. Zeitgleich begann in den 50er-Jahren auch Böhms Filmkarriere als Star von unzähligen, meist kommerziellen Unterhaltungsproduktionen wie Ernst Marischkas "Sissi"-Trilogie (1955-1957). Das Image als Schwiegermutters Liebling versuchte er mit Filmen im Ausland zu konterkarieren, in den 1960er startete er noch einmal ein Comeback auf der Bühne und vor der Kamera u.a mit unter Rainer Werner Fassbinders Regie entstandenen Filmen "Martha" (1973), "Faustrecht der Freiheit" (1974) und "Mutter Küsters Fahrt zum Himmel" (1975). Für "Menschen für Menschen" (MfM) gab er dann 1983 seine Schauspielkarriere gänzlich auf.

ORF ändert Programm

Wegen des Abblebens von Karlheinz Böhm ändert der ORF sein Programm der nächsten Tage. So zeigt ORF 2 zeigt am Freitag (30. Mai) um 22.40 Uhr die Dokumentation "Mister Karl. Karlheinz Böhm - Wut und Liebe", am Samstag folgen mit "Das Dreimäderlhaus" (31. Mai, 13.10 Uhr) und der "Sissi"-Trilogie (31. Mai, 14.45 Uhr, 1. Juni, 14.25 Uhr und 8. Juni, 14.10 Uhr) vier seiner größten Erfolge als Schauspieler. ORF III bringt in "Im Brennpunkt spezial" am Donnerstag, dem 5. Juni, um 21.55 Uhr "In memoriam Karlheinz Böhm: Afrika mon amour". Neben aktueller Berichterstattung in den heutigen "Zeit im Bild"-Ausgaben und in "Wien heute" (19.00 Uhr, ORF 2) würdigen heute auch die "Seitenblicke" (20.05 Uhr, ORF 2) den verstorbenen Karlheinz Böhm. Ö1 wiederholt heute Nachmittag um 15.00 Uhr eine Ausgabe von "Im Gespräch" mit Almaz und Karlheinz Böhm und bringt am 1. Juni eine Aufnahme aus dem Jahr 2001: Karlheinz Böhm liest Gedichte von Johann Gottfried Herder, Rainer Maria Rilke und Hermann Hesse.

Begonnen hat die Initiative mit einer Wette, geworden ist aus „Menschen für Menschen“ das Lebenswerk eines Humanisten: Ich wette, „… dass nicht einmal ein Drittel der Zuschauer, die uns jetzt in Österreich, der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland zusehen, bereit ist, nur eine Mark für die hungernden Menschen in der Sahelzone zu spenden. Und diese Wette möchte ich gern verlieren“, sagte Karlheinz Böhm im Jahr 1981.

Böhm behielt Recht, das Spendenziel wurde nicht erreicht. Dennoch, die Summe, die zusammenkam, war ordentlich; 1,2 Millionen Deutsche Mark wurden gespendet, umgerechnet etwa 600.000 Euro. Nur wenige Wochen später konnte sich Böhm damit in ein Flugzeug setzen und nach Afrika fliegen – von jenen Ländern, denen er seine Hilfe offerierte, war Äthiopien am entgegenkommendsten. „Menschen für Menschen“ war geboren.

415 Millionen gesammelt

Gemeinsam mit seiner Frau Almaz, einer gebürtigen Äthiopierin, setzte sich Böhm vor allem dafür ein, den Menschen auf die Beine zu helfen – Hilfe zur Selbsthilfe, so das Credo des Schauspielers. Inspiriert hatte ihn dazu ein Flüchtlingslager, das neben einer brachliegenden Farm gelegen hatte – dieses Potential wolle Böhm nutzen.

Etwa 415 Millionen Euro hat die Initiative seither gesammelt und investiert - in Frauenförderung, Anti-Beschneidungsprojekte ebenso wie Bildungsinitiativen. Mehr als 300 Schulen wurden gebaut, zudem mehrere Krankenhäuser. Zuletzt setzte die Initiative auch auf Kleinkredite für Unternehmer.

„Zweifelhaftes Finanzgebaren“

In jüngerer Vergangenheit hatte „Menschen für Menschen“ aber weniger mit der Berichterstattung über die Erfolge der Initiative zu tun, sondern mit Negativschlagzeilen. Vorwürfe eines ehemaligen Großspenders waren aufgetaucht, die der Führung ein „zweifelhaftes Finanzgebaren“ zur Last legte. Die Gelder würden nicht immer dort ankommen, wo man sie hinzuschicken glaubte, so seine Kritik. Erst Anfang Mai tauchten erneut derartige Vorwürfe auf, wieder von Großspender Jürgen Wagentrotz.

Als Reaktion darauf legte Almaz Böhm, die die Geschäfte schon vor einigen Jahren von ihrem Mann übernommen hatte, ihr Amt als Chefin der Organisation nieder – Böhm galt seit längerem als gesundheitlich angeschlagen. Der offizielle Grund war, dass sie sich um ihren Mann kümmern wolle; im Hintergrund mehrten sich jedoch die Gerüchte, dass der Druck zu groß geworden war. „Menschen für Menschen“ wies die Vorwürfe jedoch immer vehement zurück.

Der Tod Karlheinz Böhms hat in der politischen Landschaft Österreichs tiefe Betroffenheit ausgelöst. In Aussendungen wird er als "Vorbild in Sachen Menschlichkeit", "großer Mensch" und "leuchtendes Beispiel für Humanität" gewürdigt.

"Mit Karlheinz Böhm verlieren Österreich, Europa und die Welt eine Persönlichkeit, die sich Jahrzehnte hindurch mit aller Kraft für den afrikanischen Kontinent und die Verbesserung der Lebensumstände seiner Menschen, insbesonders in Äthiopien, eingesetzt hat", zeigte sich Bundespräsident Heinz Fischer "tief betroffen".

Als "Vorbild in Sachen Menschlichkeit, Solidarität und Verantwortungsbewusstsein" würdigte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) den Schauspieler. "Mit Karlheinz Böhm verlieren wir einen großartigen Künstler und eine großartige Persönlichkeit, die den Menschen immer wieder in Erinnerung gerufen hat, wie wichtig es ist, Verantwortung für jene zu übernehmen, denen es nicht so gut ergeht."

"Sein Glaube an das Gute im Menschen war unerschütterlich", so Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP). "Ihm lag eine geeinte und gemeinsame Welt am Herzen, in der die Diskrepanz zwischen Armen und Reichen kleiner wird", würdigte er den Schauspieler.

"Er nutzte seine Popularität und setzte sie für Millionen Menschen ein", so Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ). "Er steht dafür, dass es keine erste, zweite oder dritte Welt geben sollte, sondern nur einen Planeten, auf dem wir alle für einander verantwortlich sind."

Auch Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) trauert um den in Salzburg Verstorbenen: "Der Wahl-Rödiger war zunächst einer der erfolgreichsten Schauspieler Europas und hat später als großer Mensch, der viel für andere Menschen - in seinem Fall vor allem in Äthiopien - getan hat, ein unauslöschliches Erbe hinterlassen."

"Sein Lebenswerk, das ihn zur Legende werden ließ, stand im Zeichen der Solidarität und eines tiefen Mitgefühls", schrieb der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) in seiner Aussendung. "Durch sein soziales Engagement für die Schwächsten in unserer Gesellschaft bleibt uns Böhm ein leuchtendes Beispiel für Humanität."

Caritas Präsident Michael Landau zeigte sich ebenfalls sehr betroffen: "Die Geschichte von Karlheinz Böhm zeigt, dass Veränderung möglich ist", betonte er in einer Aussendung. "Was im Fernsehen mit einer spielerischen Wette begann, wurde zu einem festen Versprechen der Solidarität und Nächstenliebe."

TITEL

REGIE

JAHR

Der Engel mit der Posaune

Karl Hartl

1948

Alraune

Arthur Maria Rabenalt

1952

Der Weibertausch

Karl Anton

1952

... und ewig bleibt die Liebe

Wolfgang Liebeneiner

1954

Trilogie: Sissi, Die junge Kaiserin, Schicksalsjahre einer Kaiserin

Ernst Marischka

1955-57

Das haut einen Seemann doch nicht um

Arthur Maria Rabenalt

1958

Das Dreimäderlhaus

Ernst Marischka

1958

Augen der Angst

Michael Powell

1960

Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm

Henry Levin, George Pal

1962

Schloß Hubertus

Harald Reinl

1973

Martha

Rainer Werner Fassbinder

1974

Fontane Effi Briest

Rainer Werner Fassbinder

1974

Faustrecht der Freiheit

Rainer Werner Fassbinder

1975

Mutter Küsters Fahrt zum Himmel

Rainer Werner Fassbinder

1975

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