Schauspieler Karlheinz Böhm gestorben
Als Schauspieler erreichte Karlheinz Böhm Mitte der 50er-Jahre als junger Kaiser Franz Joseph an der Seite von Romy Schneider den Höhepunkt seiner Popularität. Die Rolle seines Lebens fand er jedoch in Äthiopien, wo er sich drei Jahrzehnte lang mit seiner Hilfsaktion "Menschen für Menschen" (MfM) engagierte. Nach langer, schwerer Krankheit verstarb er nun 86-jährig in seinem Haus nahe Salzburg.
"Ich habe in Äthiopien meine Heimat gefunden und ich möchte am liebsten eines Tages dort in die Natur zurückkehren, aus der ich gekommen bin", sagte Böhm einmal. Der Wunsch, in Äthiopien zu sterben, ging nicht in Erfüllung. Jedoch der, "eines Tages nicht mehr gebraucht zu werden", wie MfM nach dem Tod ihres großen Gründers in einer Aussendung schrieb. In sechs Projektgebieten habe die äthiopische Bevölkerung bereits die Verantwortung übernommen, mehr als 5 Millionen Menschen würden mittlerweile von Böhms Lebenswerk profitieren.
Der Sohn eines Dirigenten und einer Sopranistin hatte nach seinem ersten Engagement an der Burg Auftritte am Theater in der Josefstadt sowie Bühnengastspiele in München, Frankfurt, Berlin und Zürich. Zeitgleich begann in den 50er-Jahren auch Böhms Filmkarriere als Star von unzähligen, meist kommerziellen Unterhaltungsproduktionen wie Ernst Marischkas "Sissi"-Trilogie (1955-1957). Das Image als Schwiegermutters Liebling versuchte er mit Filmen im Ausland zu konterkarieren, in den 1960er startete er noch einmal ein Comeback auf der Bühne und vor der Kamera u.a mit unter Rainer Werner Fassbinders Regie entstandenen Filmen "Martha" (1973), "Faustrecht der Freiheit" (1974) und "Mutter Küsters Fahrt zum Himmel" (1975). Für "Menschen für Menschen" (MfM) gab er dann 1983 seine Schauspielkarriere gänzlich auf.
ORF ändert Programm
Wegen des Abblebens von Karlheinz Böhm ändert der ORF sein Programm der nächsten Tage. So zeigt ORF 2 zeigt am Freitag (30. Mai) um 22.40 Uhr die Dokumentation "Mister Karl. Karlheinz Böhm - Wut und Liebe", am Samstag folgen mit "Das Dreimäderlhaus" (31. Mai, 13.10 Uhr) und der "Sissi"-Trilogie (31. Mai, 14.45 Uhr, 1. Juni, 14.25 Uhr und 8. Juni, 14.10 Uhr) vier seiner größten Erfolge als Schauspieler. ORF III bringt in "Im Brennpunkt spezial" am Donnerstag, dem 5. Juni, um 21.55 Uhr "In memoriam Karlheinz Böhm: Afrika mon amour". Neben aktueller Berichterstattung in den heutigen "Zeit im Bild"-Ausgaben und in "Wien heute" (19.00 Uhr, ORF 2) würdigen heute auch die "Seitenblicke" (20.05 Uhr, ORF 2) den verstorbenen Karlheinz Böhm. Ö1 wiederholt heute Nachmittag um 15.00 Uhr eine Ausgabe von "Im Gespräch" mit Almaz und Karlheinz Böhm und bringt am 1. Juni eine Aufnahme aus dem Jahr 2001: Karlheinz Böhm liest Gedichte von Johann Gottfried Herder, Rainer Maria Rilke und Hermann Hesse.
Begonnen hat die Initiative mit einer Wette, geworden ist aus „Menschen für Menschen“ das Lebenswerk eines Humanisten: Ich wette, „… dass nicht einmal ein Drittel der Zuschauer, die uns jetzt in Österreich, der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland zusehen, bereit ist, nur eine Mark für die hungernden Menschen in der Sahelzone zu spenden. Und diese Wette möchte ich gern verlieren“, sagte Karlheinz Böhm im Jahr 1981.
Böhm behielt Recht, das Spendenziel wurde nicht erreicht. Dennoch, die Summe, die zusammenkam, war ordentlich; 1,2 Millionen Deutsche Mark wurden gespendet, umgerechnet etwa 600.000 Euro. Nur wenige Wochen später konnte sich Böhm damit in ein Flugzeug setzen und nach Afrika fliegen – von jenen Ländern, denen er seine Hilfe offerierte, war Äthiopien am entgegenkommendsten. „Menschen für Menschen“ war geboren.
415 Millionen gesammelt
Gemeinsam mit seiner Frau Almaz, einer gebürtigen Äthiopierin, setzte sich Böhm vor allem dafür ein, den Menschen auf die Beine zu helfen – Hilfe zur Selbsthilfe, so das Credo des Schauspielers. Inspiriert hatte ihn dazu ein Flüchtlingslager, das neben einer brachliegenden Farm gelegen hatte – dieses Potential wolle Böhm nutzen.
Etwa 415 Millionen Euro hat die Initiative seither gesammelt und investiert - in Frauenförderung, Anti-Beschneidungsprojekte ebenso wie Bildungsinitiativen. Mehr als 300 Schulen wurden gebaut, zudem mehrere Krankenhäuser. Zuletzt setzte die Initiative auch auf Kleinkredite für Unternehmer.
„Zweifelhaftes Finanzgebaren“
In jüngerer Vergangenheit hatte „Menschen für Menschen“ aber weniger mit der Berichterstattung über die Erfolge der Initiative zu tun, sondern mit Negativschlagzeilen. Vorwürfe eines ehemaligen Großspenders waren aufgetaucht, die der Führung ein „zweifelhaftes Finanzgebaren“ zur Last legte. Die Gelder würden nicht immer dort ankommen, wo man sie hinzuschicken glaubte, so seine Kritik. Erst Anfang Mai tauchten erneut derartige Vorwürfe auf, wieder von Großspender Jürgen Wagentrotz.
Als Reaktion darauf legte Almaz Böhm, die die Geschäfte schon vor einigen Jahren von ihrem Mann übernommen hatte, ihr Amt als Chefin der Organisation nieder – Böhm galt seit längerem als gesundheitlich angeschlagen. Der offizielle Grund war, dass sie sich um ihren Mann kümmern wolle; im Hintergrund mehrten sich jedoch die Gerüchte, dass der Druck zu groß geworden war. „Menschen für Menschen“ wies die Vorwürfe jedoch immer vehement zurück.
Der Tod Karlheinz Böhms hat in der politischen Landschaft Österreichs tiefe Betroffenheit ausgelöst. In Aussendungen wird er als "Vorbild in Sachen Menschlichkeit", "großer Mensch" und "leuchtendes Beispiel für Humanität" gewürdigt.
"Mit Karlheinz Böhm verlieren Österreich, Europa und die Welt eine Persönlichkeit, die sich Jahrzehnte hindurch mit aller Kraft für den afrikanischen Kontinent und die Verbesserung der Lebensumstände seiner Menschen, insbesonders in Äthiopien, eingesetzt hat", zeigte sich Bundespräsident Heinz Fischer "tief betroffen".
Als "Vorbild in Sachen Menschlichkeit, Solidarität und Verantwortungsbewusstsein" würdigte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) den Schauspieler. "Mit Karlheinz Böhm verlieren wir einen großartigen Künstler und eine großartige Persönlichkeit, die den Menschen immer wieder in Erinnerung gerufen hat, wie wichtig es ist, Verantwortung für jene zu übernehmen, denen es nicht so gut ergeht."
"Sein Glaube an das Gute im Menschen war unerschütterlich", so Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP). "Ihm lag eine geeinte und gemeinsame Welt am Herzen, in der die Diskrepanz zwischen Armen und Reichen kleiner wird", würdigte er den Schauspieler.
"Er nutzte seine Popularität und setzte sie für Millionen Menschen ein", so Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ). "Er steht dafür, dass es keine erste, zweite oder dritte Welt geben sollte, sondern nur einen Planeten, auf dem wir alle für einander verantwortlich sind."
Auch Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) trauert um den in Salzburg Verstorbenen: "Der Wahl-Rödiger war zunächst einer der erfolgreichsten Schauspieler Europas und hat später als großer Mensch, der viel für andere Menschen - in seinem Fall vor allem in Äthiopien - getan hat, ein unauslöschliches Erbe hinterlassen."
"Sein Lebenswerk, das ihn zur Legende werden ließ, stand im Zeichen der Solidarität und eines tiefen Mitgefühls", schrieb der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) in seiner Aussendung. "Durch sein soziales Engagement für die Schwächsten in unserer Gesellschaft bleibt uns Böhm ein leuchtendes Beispiel für Humanität."
Caritas Präsident Michael Landau zeigte sich ebenfalls sehr betroffen: "Die Geschichte von Karlheinz Böhm zeigt, dass Veränderung möglich ist", betonte er in einer Aussendung. "Was im Fernsehen mit einer spielerischen Wette begann, wurde zu einem festen Versprechen der Solidarität und Nächstenliebe."
TITEL | REGIE | JAHR |
Der Engel mit der Posaune | Karl Hartl | 1948 |
Alraune | Arthur Maria Rabenalt | 1952 |
Der Weibertausch | Karl Anton | 1952 |
... und ewig bleibt die Liebe | Wolfgang Liebeneiner | 1954 |
Trilogie: Sissi, Die junge Kaiserin, Schicksalsjahre einer Kaiserin | Ernst Marischka | 1955-57 |
Das haut einen Seemann doch nicht um | Arthur Maria Rabenalt | 1958 |
Das Dreimäderlhaus | Ernst Marischka | 1958 |
Augen der Angst | Michael Powell | 1960 |
Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm | Henry Levin, George Pal | 1962 |
Schloß Hubertus | Harald Reinl | 1973 |
Martha | Rainer Werner Fassbinder | 1974 |
Fontane Effi Briest | Rainer Werner Fassbinder | 1974 |
Faustrecht der Freiheit | Rainer Werner Fassbinder | 1975 |
Mutter Küsters Fahrt zum Himmel | Rainer Werner Fassbinder | 1975 |
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