Scala: Meisterprüfung war zu schwierig

Die ersten "Meistersinger" an der Scala seit 1990: Schade und Volle
Premiere von Richard Wagners "Die Meistersinger von Nürnberg" in Mailand.

Im kommenden Jahr wird es 150 Jahre her sein, dass Wagners "Meistersinger" uraufgeführt wurden. Schon jetzt findet ein bemerkenswerter Contest statt, wie das Wettsingen auf der Festwiese, bei dem es jedoch nicht um die Hand Evas geht, sondern darum, welches Operntheater die beste Produktion schafft. Noch ehe die Bayreuther Festspiele in diesem Sommer vor die Jury von "Nürnberg sucht den Superstar" treten, lässt sich folgender Zwischenstand vermelden:

1. Bayerische Staatsoper München dank Dirigent Kirill Petrenko, Jonas Kaufmann als Stolzing und Wolfgang Koch als Sachs (Premiere im Mai 2016).

2. (nur ganz knapp hinter München) Royal Opera House Covent Garden dank Dirigent Antonio Pappano und "Sachs" Bryn Terfel (Premiere vor einer Woche).

3. (und ziemlich abgeschlagen) Scala. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das Mailänder Opernhaus nach der Aufführung in Bayreuth aus den Medaillenrängen rutscht. Bei der Premiere am Donnerstag gab es so viele Problemzonen, dass man sagen muss: Meisterprüfung in dieser Runde nicht geschafft.

Schon im Vorfeld hatte es Querelen um diese Premiere gegeben. Ursprünglich wollte Intendant Alexander Pereira seine Salzburger "Meistersinger" in der Regie von Stefan Herheim in Mailand zeigen, was zu Vorwürfen (Insichgeschäfte) geführt hatte. Dann stellte sich heraus, dass die Produktion von Herheim größenmäßig nicht auf die Bühne der Scala passt (und auch nicht auf jene der MET in New York, die sich daraufhin ganz aus dem "Meistersinger"-Contest nahm). In Paris war sie im März 2016 noch zu sehen.

Nachkriegs-Nürnberg

Pereira, der Aufgeben nicht gewöhnt ist und in Italien mit seinem Programm Erfolg hat, disponierte um und holte kurzerhand seine Produktion aus Zürich aus dem Jahr 2012 in der Regie von Harry Kupfer. Im Bühnenbild von Hans Schavernoch ist nun in Mailand zu sehen, wie das Nachkriegs-Nürnberg von Aufzug zu Aufzug neu entsteht und aus den Ruinen Hochhäuser werden. Das Problem ist nur, dass die Personenführung völlig uninteressant ist. Am Ende gibt es auch keinerlei politisches Statement, nur Klischees. Das Dirigat von Daniele Gatti ist anfangs grob und undifferenziert, es geht jedoch mit jedem Aufzug nach oben, bis das Scala-Orchester schließlich farbenreich und präzise klingt.

Aus der Besetzung ragt Michael Volle (der schon bei der vergangenen "Meistersinger"-Staffel in Salzburg der Sachs war) heraus: Er ist ein bis zum Finale kraftvoller, viriler Sachs. Markus Werba singt den Beckmesser schön, eigentlich zu schön und changiert in seinem Spiel zwischen Buchhalter und Clown (an die Gestaltung von Johannes Martin Kränzle zuletzt in London kommt er nicht heran). Jacquelyn Wagner ist eine Eva mit kleinem Sopran, Peter Sonn ein Mittelklasse-David, Albert Dohmen ein markanter Pogner und Detlef Roth ein allzu schwach besetzter Kothner.

Michael Schade, der Ex-Mozart-Tenor, wagte sich an die Rolle des Stolzing, was er lieber nicht tun hätte sollen. Nicht nur, dass ihm beim finalen Preislied die Stimme versagte und keine Spitzentöne mehr schenkte – sein Tenor blüht in keiner Phase auf und ist viel zu dünn. Nicht jeder Ex-David ist ein Stolzing.

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