Sawatzki: Diese Frau ist kaum zu fassen

Sawatzki: Diese Frau ist kaum zu fassen
Verträumtes Mädchen, böse Märchenhexe, bekiffte Kunstlehrerin. Andrea Sawatzki ist schwer einzuordnen. Eine Momentaufnahme am Drehort Wien.

Ein junger Weimaraner läuft Andrea Sawatzki entgegen. Der graubraune Jagdhund gehört jemandem von der Requisite. Sawatzki beugt sich zu dem Hund hinunter, streichelt ihn, es gibt ein Bussi auf die Schnauze. Am Wochenende wird Sawatzki ihre Hunde daheim in Berlin wieder sehen, bis dahin muss ein Foto am Display ihres Handys genügen: Ein Boxer, ein Mops und Neuzugang Gustav, die Dogge. Gustav ist noch klein, ausgewachsen wird er so groß wie ein kleines Kalb sein.

Der KURIER traf Sawatzki in einer Drehpause am Set in der Wiener Porzellangasse, wo sie an der Seite von Axel Milberg, Anna Rot und Manuel Rubey die ORF / ZDF -Koproduktion „Meine Tochter, ihr Freund und ich“, dreht. In der Rolle der betrogenen Ehefrau Iris darf die Münchnerin, die in Berlin lebt, wieder Bayrisch reden. „Endlich“, haucht sie glücklich und zeigt ihr markantes Grinsen, das zu ihr gehört wie die rote Mähne. Im silbernen Airstream-Wohnwagen, der vor der Filmwohnung steht, serviert Sawatzki zum Interview Kaffee. Die Frau ist einfach sehr liebenswürdig.

Privatmensch

Sawatzki: Diese Frau ist kaum zu fassen

Die 48-jährige Schauspielerin ist zum ersten Mal in Wien. „Irrsinnig schön“, findet sie die Stadt. Besonders die „dunklen Gässchen, das Marode, das Düstere.“ Gutes Stichwort: Das „Düstere“ beherrscht sie prächtig. Zuletzt war sie als Adriana de Mila im sechsteiligen Renaissance-Intrigenstadl „Borgia“ zu sehen. Auch als böse Stiefmutter aus den Grimms Märchen („Brüderchen und Schwesterchen“) überzeugt sie. Ganz anders, nämlich melancholisch und versponnen war ihre Vorstellung der „Tatort“-Ermittlerin Charlotte Sänger, eine Rolle, die sie sieben Jahre lang bis 2010 inne hatte. Und auch die komische Oper beherrscht die Sawatzki: Zu sehen als bekiffte Kunstlehrerin in Doris Dörries „Klimawechsel“.

Im persönlichen Gespräch wirkt sie wie ein verträumtes Mädchen und sagt Dinge wie „Ach, ich würde gern jedes Jahr heiraten.“ Sie weiß, dass sie schwer einzuordnen ist: „Ich will einfach alles ausprobieren. Da eckt man natürlich auch manchmal bei der Kritik an, weil man sich in gefährliches Fahrwasser begibt.“

Sawatzki liest ungern, was über sie geschrieben wird. „Ich denke dann: Ich bin ein ganz anderer Mensch. Doch würde man alles ernst nehmen, könnte man in diesem öffentlichen Beruf gar nicht existieren.“

Lieber als über den Beruf spricht sie über ihre Familie, über die könnte sie „ellenlange Geschichten“ erzählen. „Ich liebe meinen Beruf. Aber nur zu den angegeben Zeiten. Ich bin ansonsten ein absoluter Privatmensch.“

Der Rest der Welt

Sawatzkis langjähriger Lebenspartner, der Schauspieler Christian Berkel („Inglourious Basterds“) ist seit vergangenem Dezember ihr Ehemann. Die Hochzeit sei „ein Traum“ gewesen. Standesamt, Kirche, danach drei Tage mit Freunden feiern. Bis hierher hat es dreizehneinhalb Jahre Partnerschaft gedauert. Geheiratet haben sie jetzt, weil die Buben, Max, 12, und Bruno, 9, darauf bestanden haben. „Unsere Kinder sagten immer: Wenn ihr nicht verheiratet seid, seid ihr nicht echt.“

Begeisterte Schilderungen ihrer Familie bedeuten nicht, dass für Frau Sawatzki auch der Rest der Welt rosarot ist. Der deutsche Bundespräsident, Merkel und Sarkozy, Syrien, das alles beschäftigt sie. Die österreichische Innenpolitik verflogt sie am Rande: „Ich habe die Krawalle mitbekommen wegen diesem Burschenschafter-Ball. Es geht ganz schön ab hier.“

Dass der FPÖ-Chef die Demos gegen den Korporationsball in einen Zusammenhang mit dem Novemberpogrom der Nazis gebracht hat, „geht gar nicht. Weil man das überhaupt nicht vergleichen kann. Mein Mann ist Jude, seine Mutter musste im dritten Reich fliehen, verlor ihre ganze Familie. So etwas einfach so dahinzusagen, das macht sprachlos.“

 

 

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