"Saving Mr. Banks": Der Trost von Disney

Willkommen in Entenhausen! Walt Disney (Tom Hanks) führt die widerstrebende P. L. Travers (Emma Thompson) durch sein Disneyland.
Ein Disney-Film über die Entstehung eines Disney-Films – "Mary Poppins"

Da sitzen sie alle und glotzen sie an. Micky Maus, Goofy, Winnie-the-Pooh und Donald Duck. Grinsende Plüschtiere, groß wie ausgewachsene Männer. Wutschnaubend fährt die britische Lady in ihr Hotelzimmer und fegt die Kuschelmonster zu Boden.

"Ente runter, raus!"

Dabei handelt es sich um einen Willkommensgruß von Walt Disney persönlich. Dem liegt die Dame nämlich sehr am Herzen. Sie ist niemand anders als Mrs. P. L. Travers, Autorin des legendären Kinderbuches "Mary Poppins". 20 Jahre lang versucht Walt Disney, der störrischen Frau die Filmrechte abzukaufen. 20 Jahre lang weigert sie sich, ihre Mary Poppins in eine "dumme Trickfigur" verwandeln zu lassen. Im Jahr 1961 allerdings wird der Autorin das Geld knapp. Disney wittert seine Chance und lockt sie nach Los Angeles.

"Saving Mr. Banks" ist ein Disney-Film über die Entstehung eines Disney-Films – mit einem Hauch von Selbstreflexion. Tatsächlich bedurfte es quälender Verhandlungen, ehe P. L. Travers Disney erlaubte, ihr fliegendes Kindermädchen 1964 zu seinem Musical-Klassiker mit Julie Andrews zu verfilmen. Genau diesen Konflikt zwischen dem Unterhaltungsmogul und der griesgrämigen Britin legt Regisseur John Lee Hancock als spritzigen Kulturkampf an – zwischen Entenhausen und dem europäischen Abendland.

Ältliche Schrulle

Ein Großteil der knackigen Komödie entsteht aus genau dieser Reibung. Schon als Pamela Travers in Los Angeles ankommt, möchte sie am liebsten den Sonnenschein ausknipsen. Alles geht ihr auf die Nerven – vor allem die kalifornische Lässigkeit. Obwohl sie darauf besteht, Mrs. Travers genannt zu werden, haut ihr Walt (Disney) jovial die Pranke auf die Schulter und dröhnt: "Hallo, Pam, altes Mädchen."

Die superbe Emma Thompson spielt ihre ältliche Schrulle wie ein scharf gespitzter Bleistift. Jedes pikierte Wort sitzt. Auch Tom Hanks als Inbegriff der US-Unterhaltungsindustrie befindet sich souverän am richtigen Platz. Sein Disney ist kalkulierter Geschäftsmann und grundgütiger Erzählonkel.

Mit Hang zur Sentimentalität legt Hancock einen zweiten Erzählstrang in Mrs. Travers’ Kindheit. In etwas angestrengten, melodramatischen Rückblenden entpuppt sich die Upperclass-Britin als australisches Provinzmädchen mit traumatischer Jugend. Colin Farrell spielt darin ihren geliebten, aber versoffenen Vater, der die Familie fast in den Abgrund reißt und seine Tochter verstört.

Der ungelöste Vater-Konflikt macht Mrs. Travers bockig und treibt ihr immer wieder Tränen in die Augen.

Die Arbeiten am Drehbuch mit Richard und Robert Sherman, geniale Komponisten vieler Disney-Songs, gestalten sich als mühselige Therapiestunden. Erst als Disney aus der eigenen harten Kindheit beichtet, löst sich der Knoten.

Löffelchen voll Zucker

In farbensatten Bildern kreiert Hancock einen erlesenen Vintage-Look, ein Retro-Los-Angeles der 60er-Jahre, in denen der Geist Hollywoods und seiner Kreativen sprühend Funken schlägt.

"Mary Poppins singt nicht", knirscht Mrs. Travers. Doch wenn die Shermans in die Tasten greifen und im Namen von Mary Poppins das berühmte "Löffelchen voll Zucker"-Lied jubilieren, wird sie schwach. Und man versteht, warum. Disneys ewiges Glücksversprechen, triste Wirklichkeit mit Fantasie zu versüßen, erhellt ihr glaubwürdig die Seele.

Der Trost von Disney – zauberhafte Magie oder eiserne Verdrängungsarbeit?

Am Ende sitzt P. L. Travers in der Premiere von "Mary Poppins" und schluchzt. Die Therapiestunde mit der Maus hat sich gelohnt, suggeriert der Film. Glaubt man aber ihren Biografen, weinte sie aus purer Verzweiflung.

KURIER-Wertung:

INFO: Saving Mr. Banks. USA/GB/AUS 2013. 125 Min. Von John Lee Hancock. Mit Emma Thompson, T. Hanks.

Als 84-Jährige mit schiefen Zähnen ist sie kaum zu erkennen. Doch tatsächlich: Es ist Tilda Swinton, die einen kurzlebigen Auftritt absolviert. Überhaupt besteht Wes Andersons schräge Komödie aus einem Who’s who der internationalen Schauspielgarde. Noch die kleinste Rolle ist prominent besetzt – von Willem Defoe bis – jawohl, Karl Markovics. Inspiriert von den Werken Stefan Zweigs, erzählt Anderson von der Belegschaft eines Grandhotels irgendwo in Osteuropa vor dem Zweiten Weltkrieg. Im Zentrum steht Ralph Fiennes als umtriebiger Conçierge, der einen Kunstraub begeht. Mit feinem Humor und symmetrisch komponierten, detailverspielten Bildern entwirft Anderson seine Welt von Gestern zwischen Ironie und echter Anteilnahme.

KURIER-Wertung:

INFO: Grand Budapest Hotel. USA/D 2014. 99 Min. Von Wes Anderson. Mit Ralph Fiennes, Willem Defoe, Tilda Swinton.

Eine Schlachtplatte der übelsten Sorte, kriegslüstern und faschistoid. Angerichtet nach der reaktionären Rezeptur von Zack Snyder.

Snyder führte 2006 bei "300" noch selbst Regie, bei der unseligen Fortsetzung agierte er als Drehbuchautor und Produzent. Wieder werfen sich Griechen gegen Perser todessüchtig ins computergenerierte Kampfspektakel. Noch das letzte Staubkorn sieht unecht aus, als ob es der Ehrgeiz von Regisseur Noam Murro gewesen wäre, ein astreines Computerspiel auf die Leinwand zu werfen.

Die Perser werden von Artemis (Eva Green) angeführt, die ihren Feinden den Kopf abschlägt und sie dann provokant auf den Mund küsst. Diese Pseudo-Transgression gehört mit zu den dämlichsten Szenen, die "300: Rise of the Empire" zu bieten hat.

Donnernder Sound untermalt gierig den Schlag von Schwertern, die Köpfe und Glieder spalten. Sensationsheischend bleibt das Bild jedes Mal kurz stehen, ehe es in Zeitlupe das Blut sprudeln lässt. Lüstern delektiert sich die Kamera an zuckenden Körpern und spritzenden Wunden. Ein Kriegsporno, ungeniert und brünstig.

KURIER-Wertung:

INFO: 300: Rise of an Empire. USA 2014. 102 Min. Von Noam Murro. Mit Sullivan Stapleton, Eva Green.

Die Szenerie ist nicht unbekannt: Ein Familientreffen, bei dem zuerst nett und belanglos geplaudert wird. Doch spätestens nach der Hauptspeise brechen die alten Konflikte auf. Die Rivalitäten zwischen Geschwistern, Neidgefühle und Ressentiments, böse Erinnerungen, Vorwürfe. So ist es auch bei Violets Familie, die sich zum Begräbnis des Vaters am Familiensitz in Osage County, Oklahoma, einfindet. Die drei Töchter matchen sich mit der pillensüchtigen Mutter, die die Familie zeitlebens tyrannisiert hat. Vor allem Barbara, die Älteste, will der Matriarchin Violet ein für alle Mal das Wort streitig machen. Was die Mutter sich natürlich nicht gefallen lässt.

Meryl Streep als streitbares Familienoberhaupt und Julia Roberts als aufmüpfige Tochter sind das Herz dieses Hollywood-Kammerspiels, das als Theaterstück bereits mit dem Pulitzer-Preis bedacht wurde. Das Duell Streep gegen Roberts ist hart – mit klarem Vorteil Streep. Sie hätte sich dafür ihren vierten Oscar verdient.

KURIER-Wertung:

INFO: August in Osage County. USA 2013. 121 Min. Von John Wells. Mit Meryl Streep, Julia Roberts, Juliette Lewis.

Bibi & Tina

JugendfilmAalglattes Teenager-Musical mit zweifelhafter Botschaft, das mit den Original-Büchern von "Bibi Blocksberg" kaum etwas zu tun hat: Auf einem adeligen Reiterhof streiten sich hübsch und noch hübscher angezogene Teenager. Es wird geritten und gesungen – mit gewöhnungsbedürftigen Musikeinlagen. Affirmativer Mainstream, ausgerechnet von Detlev Buck.

KURIER-Wertung:

Das große Heft

Drama Zwillingsbuben verbringen den Zweiten Weltkrieg auf dem Land. Sie erleben viel Gewalt und schreiben alle Erlebnisse in ein Heft. Kriegsfilm nach Roman von Agota Kristof.

Macht Energie

DokuEin Film von Hubert Canaval über die gnadenlose Ausbeutung aller Energieressourcen der Erde.

Purgatorio – A Journey into the Heart of the Border

Doku Provokante Doku über die Grenze zwischen den USA und Mexiko, einem Ort wie bei Dante, schön und brutal.

Wir sind alle § 278A

DokuDoku über Mafiaparagraph und den sogenannten Tierschützerprozess.

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