Saul Leiter: Das Bild dahinter

Saul Leiter: Das Bild dahinter
Das Kunsthaus Wien würdigt den 89-jährigen Pionier der Farbfotografie in einer großen Retrospektive.

Jeder Moment birgt ungeahnte Schönheit in sich. In der Hektik des Alltags ziehen wir achtlos daran vorbei. Saul Leiter nicht. Der New Yorker bleibt stehen. Er blickt hinter die Profanität der flüchtigen Situation – hält sie für den Betrachter fest. Seit er 1946 nach New York kam, streift Leiter durch sein Viertel, dem East Village. Saul Leiter ist ein unaufdringlicher Beobachter, fotografiert durch beschlagene Scheiben, aus dem fahrenden Auto, über Spiegel und Regenschirme.
Anders als bedeutende Vertreter der Street Photography der 40er und 50er, rückte Leiter Passanten nicht als Individuen in den Mittelpunkt seiner Bilder. Seine Neugier galt dem Bild selbst. Menschen kommen als Farbimpulse vor, verschwommen hinter Scheiben, zwischen Hauswänden und Verkehrszeichen.

Pionier der Farbfotografie

Was Leiter am deutlichsten von den Fotografen jener Zeit abhebt, ist aber die Farbigkeit der Aufnahmen selbst. Unter Künstlern galten Farbfotos in den 40er und 50er Jahren als "ordinär" - wurden fast ausschließlich für Werbung und in Modezeitschriften benutzt. Saul Leiter war einer der ersten, der den Mut hatte Farbfotografie auch für freie künstlerische Aufnahmen zu verwenden. Lange bevor Vertreter der "New Color Photography" wie William Eggleston und Stephen Shore in den 1970ern für einen Paradigmenwechsel sorgten. "Mit Saul Leiters Werk muss die Fotogeschichte umgeschrieben werden", ist sich Ingo Taubhorn sicher. Der Chef-Kurator vom "Haus der Photographie" in den Hamburger Deichtorhallen hatte 2012 die weltweit erste umfassende Retrospektive von Leiters Werk organisiert und in Zusammenarbeit mit dem KunstHaus nun nach Wien gebracht.

Bilder der Ausstellung

Saul Leiter: Das Bild dahinter

saul Leiter
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In sieben Kapiteln dokumentiert die Ausstellung mehr als sechs Jahrzehnte künstlerischen Schaffens. Von den frühen Schwarz-weiß-Fotografien Leiters über Farbaufnahmen und Modefotografien. Auch der Malerei - darunter übermalte Aktfotos, Skizzenbüchern und Aquarelle - wird viel Platz eingeräumt. Denn obwohl die Fotografie sein Bild als Künstler geprägt hat, empfindet sich Saul Leiter vor allem als Maler. Das zeigt sich auch in seinen Fotografien, bei denen wie in seinen abstrakten Arbeiten große Flächen dominieren.

Ein Leben voller ungenutzter Gelegenheiten

Es ist ein später Ruhm, der dem 89-Jährigen widerfährt. Zwar wählte das MoMA 1953 zahlreiche Fotos von Leiter für die Ausstellung "Always the Young Stranger" aus, der Durchbruch konnte ihm damit aber nicht gelingen. Saul Leiter verdiente sich als Modefotograf – insbesondere für das in den 60er-Jahren stilprägende „Harper’s Bazar“. Um Ausstellungen bemühte er sich nicht. Selbst die Retrospektive, die ab dem 31. Jänner in Wien zu sehen ist, sollte beinahe nicht zustande kommen. „Er wollte mich lange nicht in sein Appartment lassen, in dem er alle seine Kodachrome-Filme und stapelweise Bilder aufbewahrt“ erklärt Brigitte Woischnik im Pressegespräch zu Eröffnung der Ausstellung.

Erst 1997 waren seine Farbfotografien in der Howard Greenberg Gallery in New York zu sehen. International wurde er dann 2006 bekannt: In der Monografie „Early Color“ – da war Leiter bereits 83 Jahre alt.

Mit einer kleinen digitalen Leica flaniert Saul Leiter auch heute noch durch sein Viertel in New York, das er in all den Jahren nie verlassen hat. Mit der Technik haben sich auch seine Bilder verändert. Die pastellenen, oft auch verschwommenen Farben seiner frühen Farbfotografien sind nicht mehr so präsent. Den Effekt erzielte Leiter unter anderem, weil er abgelaufene Kodachrome-Filme verwendete. Die waren billiger.

Seinen neugierigen Blick für das Besondere habe er sich laut Woischnik aber bis heute bewahrt. Gekonnt - mit detaillierten biografischen Verweisen, Zitaten und der umfangreichen Werkschau - vermittelt die Ausstellung im Kunsthaus diese vielfältige Neugier Leiters nun auch dem Wiener Publikum. Noch bis zum 26. Mai im Kunsthaus Wien.

1923 wurde Leiter als Sohn des Rabbiners Wolf Leiter und Regine Leiter in Pittsburgh geboren. 1946 kam Leiter nach New York um dort als bildender Künstler zu arbeiten. Bald zog es ihn jedoch zur Fotografie. Der Vater sollte die künstlerische Laufbahn seines Sohnes zeitlebens ablehnen. In den 50er-Jahren wurden erste Schwarz-Weiß-Serien Saul Leiters im "Life"-Magazin veröffentlicht. Er nahm unter anderem an der von Edward Steinchen kuratierten Ausstellung "Always the Young Strangers" (1953) im Modern Museum of Modern Art teil. Von 1958 bis 1967 arbeitete Leiter für Harper's Bazar. Insgesamt sollte 20 Jahre lang für verschiedene Magazine fotografieren. Darunter auch Esquire, Show, Elle, British Vogue, Queen und Nova. Seinen Stil der abstrahierten Formen und innovativen Bildkompositionen konnte er sich auch auch als Modefotograf treu bleiben. Zu internationaler Bekanntheit brachte Leiter erst 2006. Die Ausstellung in den Hamburger Deichtorhallen war 2012 die erste große Retrospektive des Spätentdeckten.
Saul Leiter lebt, fotografiert und malt in New York.

31. Jänner 2013: 19 Uhr: Kuratorenführung mit Ingo Taubhorn und Brigitte Woischnik.
13. März 2013, 19 Uhr: Gesprächsführung zu Saul Leiters Modefotografie mit Kuratorin Brigitte Woischnik, Fotograf Andreas H. Bitesnich und "Der Standard"-Moderedakteur Stefan Hilpold.
24. April 2013, 18.30 Uhr im Jüdischen Museum Wien: Aufführung der Filmdokumentation „In No Great Hurry – 13 Lessons in Life with Saul Leiter“ von Tomas Leach.

Die Ausstellung ist noch bis zum 26. Mai zu sehen.
Täglich 10.00 bis 19.00 Uhr, Eintritt 10 Euro.

www.kunsthauswien.com

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